So werden Pinkel und Kochwurst gemacht
Artikel vom 02.11.2022

Eben noch ein überdimensionaler Regenwurm, jetzt schon des Oldenburgers liebste Grünkohlbeilage: NWZ-Redakteur Patrick Buck stellte im Rahmen eines Kurses selbst Pinkel her. Bild: Sascha Stüber
Was steckt eigentlich drin in Kochwurst und Pinkel? Fleisch, Gewürze – und jede Menge Fingerspitzengefühl. Das zeigt ein spezieller Grünkohl-Kurs in Oldenburg. NWZ Redakteur Patrick Buck war dabei.
Aus dem Kühlregal oder der Fleischtheke über den Einkaufskorb hinein in den Topf: Das ist bei Grünkohlkonsumente der übliche Weg von Kochwurst und Pinkel. Was in der Wurst steckt, erfährt niemand. Oder? Falsch. Wer es wirklich wissen will, kann bis zur kleinsten Prise Salz herausfinden, was im Lieblingsgericht der Oldenburger steckt.
Dieses Angebot macht die Fleischerei Bartsch, die am Hochheider Weg Wurstmacher-Kurse zum Thema „Grünkohlzeit“ anbietet. „Das ist ein wenig Liebhaberei“, sagt Geschäftsführer Martin Bartsch. Ein großes Geschäft sei da Kursprogramm nicht. Wohl aber das Herstellen von Kochwurst und Pinkel. Denn während andernorts die Menschen im neuen Jahr auf Linie oder Geldbörse achteten und daher zum Fleischverzicht neigten, „haben wir hier sehr gut zu tun.“
Dass dies auch für uns gilt, dafür sorgt Jürgen Hartmann, eine ehemaliger Mitarbeiter der Firma, der selbst auch zu Hause schlachtet. Sein Programm beginnt ganz am Anfang, nämlich an der kompletten Schweinehälfte. Mit erstaunlich wenigen Schnitten lässt er das Tier seine natürliche Form verlieren und verwandelt es in die Stücke, die einem aus der Frischetheke bekannt sind: Filet, Rippchen oder Kotelett.
Für die Wurst sind die meisten dieser Produkte zu schade. Statt dessen landen Schulterdeckelfett und magere Abschnitte vom Bauch auf dem Tisch, die die Kursteilnehmer in kleine Stücke zerschneiden müssen. Für den Geschmack und den Prozess der Wurstwerdung sorgen die weiteren Zutaten: Nitritpökelsalz, Zucker, weißer Pfeffer, gekörnte Brühe und Natriumascorbat bei der Kochwurst; Kochsalz, Nitritpökelsalz, weißer Pfeffer Muskat, gemahlene Nelke und Piment bei der Pinkel.
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Die ordentlich vermengten Ergebnisse landen danach im Schlund des Fleischwolfs, den Hartmann mitgebracht hat. Denn in den großen Maschinen der Fleischerei würden sich die vergleichsweise kleinen Mengen, mit denen die Gruppe arbeitet, wohl im Mahlwerk verlieren.
Was die nun vorliegende zähe, breiige Masse in Wurstform halten soll, lagert in einem kleinen Eimer mit Wasser. Auf den ersten Blick scheinen es lange, weiße, dicke Fettfäden zu sein, die sich aber als Schweinedärme entpuppen. Bei ihnen ein Anfang zu finden und dies auch noch über den Einfüllstutzen zu stülpen, gehört zu Aufgaben, die am meisten Fingerspitzengefühl benötigen
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Beim nächsten Schritt ist sowohl Teamarbeit als auch Gefühl gefragt. Während einer die Kurbel der handbetriebenen Wurstfüllmaschine dreht, muss der nächste den gefüllten Darm mit der richtigen Füllmenge vom Einfüllstutzen gleiten lassen.
Um aus dem Gebilde, dass nun eher an einen überdimensionalen Regenwurm erinnert, die bekannten Würste zu machen, hilft ein Zusammendrücken an zwei Stellen in Verbindung mit einem schwungvollen Eindrehen. Die Würstchenkette wird dann über eine Stange gehängt und ist bereit zum finalen Räuchern.
Während die Beilagen also auf gutem Weg sind, fehlt nun noch das Hauptprodukt: der Grünkohl. Der einfache Weg über bereits zerkleinerte Tiefkühlware wird allerdings nicht angeboten. Statt dessen möchte Hartmann sechs Kilogramm direkt von der Oldenburger Palme gezupft zerkleinert haben. „Das habe ich früher schon gehasst“, meint eine Mitstreiterin. In der gut aufgelegten Gruppe ist diese Aufgabe jedoch schneller erledigt als befürchtet.
Hartmanns Rezept, dass nun in der Kochstation der Großküche gemischt wird, enthält neben dem Gemüse noch einmal mehr als die Hälfte des Kohlgewichts an Pinkelmasse, dazu Zwiebeln, Schmalz, gekörnte Brühe, Wasser und Senf. Weitere Gewürze oder Zutaten zum Andicken kommen nicht in seinen Topf.
Nachdem der fertige Grünkohl in Schraubgläsern portioniert wurde, folgt der härteste Teil des Kurses: das Warten. Denn die fertige geräucherten Würste können die Kursteilnehmer zusammen mit dem Kohl erst einige Tage später abholen. Dann aber steht der Kohlfahrt jedenfalls kulinarisch nichts mehr im Wege.
Zutatenliste aus dem Kurs
Pinkel: 3 kg Schulterdeckelfett, 2 kg magere Abschnitte vom Bauschfleisch, 1,5 kg Hafergrütze, 1 kg Zwiebeln; dazu je nach Geschmack 10 g Kochsalz, 10 g Nitritpökelsalz, weißer Pfeffer, Muskat, gemahlene Nelke, Piment; Schweinedarm Kaliber 30/32
Kochmettwurst: 1,5 kg Schulterdeckelfett, 4,5 kg magere Abschnitte vom Bauch; dazu je nach Geschmack 20 g Nitritpökelsalz, Zucker, weißer Pfeffer, gekörnte Brühe, Natriumascorbat; Schweinedarm Kaliber 30/32
Grünkohl: 2,5 kg Grünkohl, 1,5 kg Pinkelmasse, 0,4 kg Zwiebeln, 0,2 kg Schmalz, 50 Gramm gekörnte Brühe, 1,3 Liter Wasser, 150 Gramm Senf
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