Personalnot treibt Krankenhaus-Mitarbeiter auf die Barrikaden

Artikel vom 16.03.2023

Anja Biewald 

Mehr als 500 Mitarbeiter des Oldenburger Klinikums folgten am Mittwoch dem Aufruf der Gewerkschaft „Verdi“ zum Warnstreik. Sie zogen in einem von der Polizei begleiteten Tross vom Klinikum bis zum Rathausmarkt, wo sie in einer Abschlusskundgebung ihren Forderungen nach mehr Gehalt, Wertschätzung und besseren Arbeitsbedingungen Nachdruck verliehen.

Bild: Sascha Stüber

Die Unzufriedenheit der Mitarbeiter des Oldenburger Klinikums mit ihren Arbeitsbedingungen ist fast ausschließlich auf Personalmangel zurückzuführen. Sie glauben, dass eine bessere Bezahlung den Beruf attraktiver macht.

Der Warnstreik von Hunderten Beschäftigten des Oldenburger Klinikums am Mittwoch lässt sich gut mit den Wetterkapriolen des Tages vergleichen. Mit der wärmenden Sonne im Gesicht versammelten sich mehr als 500 Mitarbeiter am Morgen vor der Klinik. Die Stimmung: bestens. Warum? Weil es die Beteiligten als Wohltat empfanden, gemeinsam ihren Forderungen und ihren Sorgen öffentlich Luft zu machen. Dann, auf halber Strecke in Richtung Rathausplatz, nass-kaltes Schneegestöber und eisiger Wind. Also: Augen zu und durch – so wie viele der Anwesenden ihren Arbeitsalltag empfinden.

Die Gewerkschaft „Verdi“ hatte in der Tarifrunde im Öffentlichen Dienst für zwei Tage zum Warnstreik aufgerufen. Im Klinikum sind 2680 der 3144 Beschäftigten von der Tarifrunde betroffen. „Verdi“ fordert 10,5 Prozent mehr Lohn (mindestens aber 500 Euro) und bessere Arbeitsbedingungen.

Überlastung

In Gesprächen unserer Redaktion mit Streikenden zeigt sich: Bei den Arbeitsbedingungen lässt sich alle Unzufriedenheit auf Personalmangel zurückführen. Übereinstimmend berichten die Angesprochenen von Überlastungssituationen. „Die Leute gehen aus den Kliniken raus. Und wir können verstehen, dass sie gehen“, sagt eine Mitarbeiterin aus der Gastroenterologie. Lücken würden mit Leiharbeitern gestopft, die aber nur bedingt ein Ersatz für eingearbeitete Kollegen seien.

Neue Kollegen kämen aber nicht nach, so ihre Kollegin: „Wer will schon unter solchen Bedingungen in ein Krankenhaus gehen und dann stimmt nicht einmal die Bezahlung?“ Auch die Patienten würden bemerken, wie stark das Personal am Limit arbeite – auf wegen des Warnstreiks abgesagte Eingriffe hätten die meisten deshalb auch mit Verständnis und nur wenige mit Unmut reagiert.

Dem Wohl der Patienten gerecht werden: Das will auch eine Gruppe von Mitarbeitern aus der Kindernotaufnahme. Eine Beschäftigte berichtet, wie schwer es manchmal sei, sich zu entscheiden, um welchen kleinen Patienten man sich zuerst kümmert, wenn das Personal im Nachtdienst fehlt. Dass sie es oft nicht schaffe, selbst eine Pause zu machen oder auch nur mal zur Toilette zu gehen.

Ihre Kollegin ist seit 35 Jahren auf ihrer Station und sorgt sich um die Zukunft: „Ich hoffe, dass in unseren Berufen noch jemand nachkommt, wir wollen später auch gepflegt werden. Unsere Arbeit muss attraktiv werden.“

Abbrecher in Ausbildung

Dass nicht wenige Auszubildende in der Pflege abbrechen, können die Streikenden verstehen: „Es ist eine Elendsverwaltung. Es gibt keine richtige Anleitung, keine Einarbeitung, das Personal kommt nicht nach. Nur mit Idealismus geht es nicht.“

Mehr Geld wäre ein erster Schritt: „Das ist ein großer Anfang“, sagt eine Pflegerin, die seit 30 Jahren auf der herzchirurgischen Intensivstation arbeitet. Reichen werde das nicht: „Was ist in 20 Jahren? Dann steht keiner mehr am Bett der Patienten.“


 

Blaulicht-Ticker

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