Große Unternehmer-Story begann im Esszimmer
Artikel vom 30.05.2022

Jürgen Viertelhaus an dem Schreibtisch, an dem er vor 45 Jahren startete. Bild: Torsten von Reeken
Vor 45 Jahren gründete Jürgen R. Viertelhaus den Oldenburger Autoteilehersteller Vierol AG. Am Samstag wird er 80 Jahre alt. Im Interview lässt er die Jahre Revue passieren und blickt auch in die Zukunft.
Der Gründer der Oldenburger Vierol AG, Jürgen R. Viertelhaus, wird an diesem Sonnabend 80 Jahre alt. Wäre die Erfolgsstory wie seine auch heute noch möglich? Ein Rück- und Ausblick.
Frage: Herr Viertelhaus, Sie stehen für eine große Unternehmer-Story der Region: Von der Ein-Mann-Firma zu einem großen Autoteile-Anbieter. Wie wurde das möglich?
Viertelhaus: Durch Zufall habe ich meine beruflichen Tätigkeit und Karriere in dieser Branche begonnen. Nach elf Jahren wurde das Unternehmen in Essen, das Getriebeteile produzierte, verkauft. Um Familie und Beruf in Einklang zu bringen, fiel die Entscheidung ein eigenes Unternehmen zu gründen. Der Start begann 1977 – und zwar in Oldenburg, weil wir hier nicht dauerhaft wegziehen wollten. Der Firmenname Vierol steht für Viertelhaus/Oldenburg. Der Firmenstart fand in unserem Esszimmer statt, mit Schreibtisch und drei Sesseln.
Frage: Daraus wurde ein Unternehmen mit mehr als 200 Mitarbeitern in Oldenburg und Rastede. Könnte es solche Erfolgsgeschichten auch heute geben?
Viertelhaus: Durchaus. Dazu gehören ein umsetzbares Geschäftskonzept, Kompetenz, Leistungs- und Risikobereitschaft sowie eine soziale Verantwortung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Ich habe vor über 50 Jahren die Chancen im neu entstehenden Bedarf von Autoersatzteilen auf dem Weltmarkt entdeckt. Diese Chance habe ich beruflich und geschäftlich genutzt. Zuerst mit Vertretungs- und Beratungsverträgen, dann mit dem internationalen Handel und seit 1998 mit eigenen Marken und Produkten. Ein sehr wichtiger Meilenstein war die Gründung der VierolTochtergesellschaften in Singapur und Shanghai. Heute liefern wir ganze Reparatur-Sets, mit Anleitungen in sieben Sprachen, auch als Video.
Frage: Vierol hat ständig investiert, darunter in die neue Zentrale in Oldenburg und deren Anbau sowie das Logistikzentrum in Rastede. Wie wichtig waren dabei Banken für Sie?
Viertelhaus: Umsätze haben mich nie interessiert, nur die Gewinne und die wurden im Unternehmen investiert, um mit wirtschaftlicher Unabhängigkeit expandieren zu können. So konnten wir das neue automatische Logistiklager in Rastede-Loy mit eigenem Kapital in Höhe von 25 Millionen Euro errichten.
Frage: Macht Erfolg zufrieden?
Viertelhaus: Ja. Ich bin glücklich, wie sich alles entwickelt hat. Ein Beispiel: Es bereitet mir immer wieder Freude, am Warenausgang unseres Logistikzentrums auf den Empfänger zu schauen. Die sind in rund 120 Staaten. Da werden viele Erinnerungen wach. Bereits 1969 führten mich Geschäftsreisen in den heutigen Iran, nach Beirut, folgend in die Golfstaaten. Spannend, anstrengend, aber sehr erfolgreich. Insgesamt habe ich inzwischen 73 Länder mehrfach besucht.
Frage: Bei Ihnen rückte ja 2016 ihre Tochter Mirja auf den Vorstandsvorsitz. Mal ein Rat: Wie leitet man so einen Übergang zur nächsten Generation ein?
Viertelhaus: Man versucht, seine Familie, seine Kinder früh mit einzubeziehen – bei meiner Frau und mir war das schon deshalb der Fall, weil meine Selbstständigkeit ja im Wohnhaus begann. So haben die Kinder alles mitbekommen. Wenn ein Generationswechsel gelingt, ist das ein großes Glück. Übrigens haben wir auch schon vier Enkel.
Frage: Wem gehört das Unternehmen Vierol AG denn heute?
Viertelhaus: Ich habe mich ja mit 70 Jahren aus dem operativen Geschäft zurückgezogen, mit 75 im Jahr 2017 auch aus dem Aufsichtsrat. Die Firma gehört mehrheitlich meiner Tochter Mirja und zudem meinem Sohn John-Hendrik, der auch mit eigenen Firmengründungen erfolgreich ist. Großen Anteil am Erfolg der Vierol AG hat auch mein Schwiegersohn Ulf Koschig.
Frage: Wie oft sind sie noch im Büro?
Viertelhaus: So oft wie möglich. Ich genieße den Kontakt zu meinen Kindern, spreche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an sowie besonders gern auch Auszubildende – und erfreue mich am Erfolg von Vierol.
Frage: Projekte am Schreibtisch?
Viertelhaus: Ja! Ich wollte ursprünglich ja erst Pilot und dann vor allem Architekt werden. Jetzt kümmere ich mich persönlich um Entwürfe für die Gestaltung des Geländes und der Gebäude am früheren Militärflugplatz in Bad Zwischenahn, die wir erworben haben.
Frage: Was liegt Ihnen in der Firma besonders am Herzen?
Viertelhaus: Zum Beispiel junge Leute! Sie sind die Zukunft. Ich habe sie immer so gut wie möglich gefördert. Kürzlich habe ich vor einer Gruppe junger Ukrainerinnen, die in unseren Räumen Unterricht von der Volkshochschule bekommen können, gesagt: Außenhandelskauffrau ist der schönste Beruf der Welt! Und das aussichtsreichste Gebiet ist das internationale Marketing!
Frage: Apropos Zukunft: Schafft Vierol die Umstellung in Richtung Elektroautos?
Viertelhaus: Da bin ich mir ganz sicher, wir sind mit unseren eigenen Entwicklungen schon sehr weit. Wir konzentrieren uns weiter auf den gesamten Reparaturmarkt und auf Ersatzteile für ältere deutsche Fahrzeuge auf dem Weltmarkt.
TOCHTER AN SPITZE
Jürgen R. Viertelhaus gründete vor 45 Jahren das Unternehmen Vierol. Heute wird es von seiner Tochter Mirja Viertelhaus-Koschig geführt. Weitere Vorstandsmitglieder sind ihr Ehemann Ulf Koschig, Michael Krone und Thierry Delesalle.
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