Rund die Hälfte der Pflegeschüler bricht die Ausbildung ab

Artikel vom 12.05.2023

Christian Quapp

Ausbildung in der Pflege: Das seit drei Jahren gültige Gesetz sorgt offenbar dafür, dass viele Azubis schnell wieder abbrechen. Symbolbild: Patty Brito /Unsplash

Das Pflege-Personal ist ohnehin sehr knapp und in der Ausbildung schmeißen im Ammerland auch noch rund 50 Prozent der Azubis hin: Was sind die Gründe für die hohe Abbruch-Quote?

Ammerland - In der Pflege brennt es an allen Ecken und Enden, sowohl in Krankenhäusern, als auch in der Altenpflege. Zahlreiche Betreiber von Altenpflegeeinrichtungen gerieten in jüngster Zeit in wirtschaftliche Schwierigkeiten oder in die Insolvenz.

Sorgenkind Pflegeausbildung

Verschärft wurde die Entwicklung auch durch den Personalmangel in vielen Einrichtungen. Und zumindest im Ammerland – vermutlich aber auch anderswo – machen die Ausbildungszahlen nicht gerade Mut, dass sich in Sachen Personal viel ändern wird. Dr. Ole Westerhoff, Leiter der Berufsbildenden Schulen (BBS) Ammerland machte kürzlich im Schulausschuss des Landkreises auf eine besorgniserregende Entwicklung aufmerksam. Sein Sorgenkind sei derzeit die Berufsfachschule Pflege, so Westerhoff.

Gut gemeinte Reform

Drei Jahre sei es her, dass die Pflegeausbildung in Deutschland reformiert wurde. Die getrennte Ausbildung in der Alten- und Krankenpflege wurde aufgegeben, die sogenannte Generalistik sollte eigentlich den Mangel an Pflegekräften mindern. Beide Berufsbilder wiesen inhaltlich große Überschneidungen auf, immer häufiger gebe es auch im Berufsalltag solche Überschneidungen, heißt es beim Bundesgesundheitsministerium in den Informationen zum Pflegeberufegesetz. Mit dem einheitlichen Abschluss als Pflegefachfrau oder -mann sollte der Beruf attraktiver und ein Wechsel zwischen den Berufsfeldern einfacher werden. Zudem wurde mit der Reform auch das Schulgeld in der Altenpflege abgeschafft, die angehenden Pflegefachkräfte erhalten ab dem ersten Ausbildungsjahr ein Gehalt.

Auszubildende haben laut dem Bundesgesundheitsministerium zwar auch weiterhin die Möglichkeit, sich im letzten Ausbildungsdrittel für einen speziellen Abschluss in der Altenpflege, der Gesundheits- oder Kinderkrankenpflege zu entscheiden. Wie Westerhoff aber im Ausschuss erklärte, schafft es ein viel zu großer Anteil der Auszubildenden gar nicht erst bis ins letzte Drittel der Ausbildung.

50 Prozent brechen ab

An der BBS Ammerland liege die Abbrecherquote bei 50 Prozent. „Und das ist nicht nur bei uns so“, so Westerhoff. Von 20 Anfängerinnen und Anfängern aus dem ersten Jahr würden jetzt zehn fertig. Die hohe Abbruchqoute sei nicht nur für die Pflegebranche ein Problem. „Für die 50 Prozent bedeutet das auch einen sehr großen persönlichen Misserfolg“, so der Schulleiter. Hauptursache für die schlechte Bilanz sind seiner Meinung nach die extrem hohen Anforderungen in der Ausbildung vom ersten Tag an. Die Reihenfolge und Tiefe der zu bearbeitenden Themen habe sich verändert, Schülerinnen und Schüler hätten kaum Zeit, sich an das hohe Niveau zu gewöhnen.

Auf die Nachfrage von Ausschussmitglied Frank Lukoschus (Wir Ammerländer), ob es Ideen gäbe, wie man die Abbrecherquote senken könnte, erklärte Westerhoff, das Problem zeige sich gerade erst, dementsprechend gebe es bisher nur wenige Ansätze. Ob auch mangelnde Sprachkenntnisse bei Schülerinnen und Schülern zu dem Problem beitrügen, wollte Maria Bruns (CDU) wissen. „Wenn es Probleme mit der Sprache gibt, kommt das noch obendrauf“, so Westerhoff.

Politik bietet Hilfe an

Die Befürchtungen, dass die neue Ausbildungsform derartige Folgen haben könne, habe es schon vor der Verabschiedung des Pflegeberufegesetzes gegeben, sagte Landrätin Karim Harms im Rückblick auf ihre berufliche Vergangenheit beim Bezirksverband Oldenburg. Die tatsächliche Entwicklung sei erschreckend und für den Landkreis dramatisch. Sowohl Alexander von Essen (CDU) als auch Irmgard Stolle (SPD) versicherten, der Landkreis werde die Schule gern unterstützen, wenn das mit seinen Mitteln möglich sei. Westerhoff dankte, erklärte aber, die Schule leiste bereits, was ihr möglich sei, etwa mit Förderung in kleineren Gruppen. Letztlich muss wohl der Bundesgesetzgeber die Ausbildung erneut überarbeiten.


 

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