Wie KI und Sensoren in Baumschulen und Städten Wasser sparen

Artikel vom 06.03.2024

Svenja Fleig

Zeigen den Feldversuch in der Ammerländer Baumschule Bonk: Michael Malms (von links), Greta Fenske, Thormin Stiegler, Manuel Kornmayer, Jan Pinski, Stephan Bonk und Lukas Kamm Bild: Svenja Fleig 

Ob Trockenstress oder Starkregen: Der Klimawandel stellt die Anzucht und Pflege von Bäumen in Baumschulen und Städten vor Herausforderungen. Diesen will man im Ammerland und in Hannover mit KI begegnen.

Bad Zwischenahn/Hannover/Göttingen - Gesunde Stadtbäume, die in trockenen Hitzesommern auf einmal tote Äste abwerfen oder junge Pflanzen, die nach tagelangem Starkregen im nassen Grund zu ersticken drohen: Der Klimawandel stellt Baumschulen und Kommunen bei der Anzucht und der Pflege von Bäumen vor Herausforderungen. Um diesen zu begegnen und sparsamer mit Wasser zu haushalten, sind sowohl Stephan Bonk mit seiner Baumschule in Bad Zwischenahn als auch die Stadt Hannover am Forschungsprojekt NuTree beteiligt.

Ziel des von der EU geförderten Vorhabens ist es, mit Bodensensoren, Wetterdaten und Künstlicher Intelligenz (KI) ein Prognosemodell zu erarbeiten, das frühzeitig anzeigt, welche Pflanzen wann und wie viel Wasser benötigen. In der Stadt werde bisher oft nach Erfahrungswerten, Bauchgefühl oder auch dem Gießkannenprinzip bewässert, berichten Mitarbeiter der Grünflächenpflege in Hannover. Dort haben sich die Bewässerungskosten allein in den vergangenen fünf Jahren vervierfacht. Auch Stephan Bonk weiß, dass er sich auf seine Erfahrung verlassen kann, muss aber gerade in trockenen Sommermonaten viel Arbeitskraft und Zeit seiner Mitarbeiter für die Bewässerung einplanen.

Die ganze Wertschöpfungskette der Bäume im Blick

„Es geht darum, dass wir die Bäume in der gesamten Wertschöpfungskette frühzeitig vor Schäden schützen und sie gezielter bewässern wollen“, erklärt die Projektkoordinatorin Greta Fenske vom Osnabrücker Start-up-Zentrum Seedhouse. So habe sich beispielsweise gezeigt, dass das Wasser bei sogenannten Gießringen recht schnell versickere. Zu unterschiedlichen Bewässerungsmethoden und Standorten haben die in Bad Zwischenahn und Hannover verbauten Sensoren in den vergangenen beiden Jahren viele Daten gesammelt. Sie messen auf drei verschiedenen Tiefen bis zu 60 Zentimeter in das Erdreich hinein, wie Lukas Kamm von Agvolution erklärt. Das Start-up aus Göttingen hat die solarbetriebenen Sensoren selbst entwickelt und immer weiter überarbeitet, für den Einsatz in der Stadt müssen sie beispielsweise vor Vandalismus geschützt sein. Die Sensoren übertragen die gemessenen Werte dann per Funk, diese kann Stephan Bonk in Echtzeit auf seinem Handy abrufen.

Auch auf einer ersten Transportfahrt kam die Technik bereits zum Einsatz. Über einen Sensor im Wurzelballen und über die App konnte der Baumschulbetreiber den Zustand des Baumes überprüfen und hätte sich einschalten können, wenn die Wurzeln zu trocken oder die Luft unter den Lastwagen-Planen zu heiß geworden wäre. Das ist für Stephan Bonk deshalb wichtig zu wissen, weil seine Pflanzen teilweise tagelang zu ihren neuen Besitzern unterwegs sind. Manche der Gehölze sind über viele Jahre herangewachsen, bis sie auf diese Reise gehen und sollen umso mehr vor einem abrupten Ende auf der Ladefläche eines Lastwagens bewahrt werden.

Das ist in diesem Jahr geplant

In diesem Jahr sollen weitere Sensoren in der Stadt Hannover dazukommen und das mit den gesammelten Daten trainierte KI-Modell soll an den Start gehen. Die Gießempfehlungen werden in der Praxis getestet. Zudem wird es in den nächsten Monaten darum gehen, die Prognosen und Daten in bestehende Software-Systeme der Stadt Hannover zu integrieren. Das Projekt wird noch bis April 2025 mit Geldern aus einem Programm der Europäischen Innovationspartnerschaft (EIP) finanziert, das Innovationen in der Landwirtschaft fördert.

Forschung und Praxis

NuTree läuft seit Mai 2022 und wird noch bis April 2025 mit EU-Geldern gefördert. Feldversuche laufen in der Baumschule Bonk in Bad Zwischenahn und in der Stadt Hannover.

Koordiniert wird das Projekt von Greta Fenske vom Osnabrücker Start-up-Zentrum Seedhouse. Beratend ist der Ingenieur und IT-Spezialist Michael Malms aus Bad Zwischenahn beteiligt. Das Göttinger Start-up Agvolution entwickelt die Sensortechnologie und das KI-gestützte Prognosemodell.

Das Ammerländer Start-up Thorkas ist mit dem technischen Support vor Ort beauftragt worden. Die beiden Gründer Thormin Stiegler und Lukas Friedrichs kennen sich in der Branche aus, sie haben unabhängig von dem Projekt einen Mini-Computer zur automatisierten Steuerung bestehender Bewässerungsanlagen in Baumschulen entwickelt.


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