Krabbenfischer-Familien vorerst gerettet

Artikel vom 31.03.2023

Friebo-Redaktion

Mit den Küstenfischern würde eine fachkundige Gruppe verschwinden, die direkt und vor Ort negative Veränderungen der Meeresumwelt nicht nur punktuell, wie die Forschung, sondern tagesaktuell sowie großflächig bemerken und wohl auch öffentlich machen würde. Symbolbild: Pixabay/FMKraus

„Die Gefahr eines kurzfristigen Sterbens der Krabbenfischerei vor der deutschen Küste scheint vorerst gebannt”, sagt Bürgermeister Gerd-Christian Wagner, Vorsitzender der Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste e.V. (SDN), „aber für die mittelfristige und weitere Zukunft bleibt die Situation der Fischereifamilien weiter unsicher und von steten Bedrohungen durch teilweise ideologisch motivierte Infragestellungen und politische Entscheidungen betroffen.” Zu begrüßen sei allerdings eine aktuell weitgehend identische Einstellung politisch verantwortlicher Stellen über kommunal-, länder- und bundespolitische Ebenen hinweg bis hin zur EU-Kommission, dass ein Verbot der Krabbenfischerei nicht das Ziel sei.

Vielmehr müsse im weiteren Prozess dringend nachgearbeitet werden, was bisher an Konsultationen und Differenzierungen von regionalen Besonderheiten versäumt worden wäre. Mittlerweile habe es sogar einen ersten Dialog zum Thema nachhaltige Fischerei zwischen EU-Vertretern und Fischern gegeben. „Aber die Skepsis auf Seiten der Krabbenfischer ob einer beständigen und ernsthaften Suche der politisch Verantwortlichen nach einer ausgewogenen und nachhaltigen Lösung sollte dauerhaft bestehen bleiben”, gibt Gerd-Christian Wagner zu bedenken. „Gerade die Krabbenfischer haben über Generationen im Wattenmeer nachhaltig gefischt und damit unter Beweis gestellt, dass ihnen der Meeresschutz sehr wichtig ist“, gibt Wagners SDN-Stellvertreter Ulrich Birstein, im Hauptberuf Kapitän und Seelotse, zu bedenken. „Außerdem haben sie den Nationalpark Wattenmeer mitbegründet und entwickelt.“ Dabei handele es sich meist um Familienbetriebe, die wegen magerer Fangjahre, eingeschränkten Verarbeitungsmöglichkeiten in den Coronajahren und steigenden Dieselpreisen ohnehin unter erheblichem wirtschaftlichen Druck stünden und kaum noch Reserven hätten.

„Außerdem schränken Offshore-Windparks, Kabel- wie Pipelinetrassen und LNG-Terminals ihre Fanggebiete sowieso schon immer mehr ein.“ Küstenfischerei sei zwar nur ein kleiner, aber trotzdem bedeutsamer und eng mit der Region verbundener Wirtschaftszweig, der durch seine direkte Wertschöpfung unterschiedlichste Arbeitsplätze in nachgelagerten Betrieben und Tourismus sichern würde. „Und einen Schaden hat das verantwortungslose Vorgehen der EU-Kommission schon jetzt angerichtet. Selbst wenn der Aktionsplan nicht umgesetzt wird“, kritisiert Ulrich Birstein.

„Bei Gesprächen mit Banken in Sachen Kreditwürdigkeit sitzt jetzt doch die Unsicherheit in Bezug auf die Beständigkeit der traditionellen Familienbetriebe in allen Köpfen.“ „Krabbenfischerei, Politik und Verbände müssen sofort ernsthafte Gespräche miteinander führen und gemeinsam im Rahmen einer differenzierten Betrachtung zukunftssichere sowie beständige Lösungen entwickeln“, mahnt Gerd-Christian Wagner. Denn sowohl die tierischen Meeresbewohner als auch die Fischereibetriebe verdienten eine langfristig sichere Perspektive. Es gelte zwingend miteinander zu sprechen, statt nur übereinander.

Allerdings müsse dabei zwingend nach den Regeln der europäischen Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie) vorgegangen werden, fordert Ulrich Birstein: „Nur so lassen sich Erfolg und Zweckmäßigkeit einzelner Schutzbestimmungen auch nachweisen und sachgerecht unter Beteiligung aller Nutzer und Anlieger sinnvoll anpassen.“ Jetzt habe man versucht – dialogfrei, pauschal und auf Verdacht einer denkbaren Störung hin – zu verbieten, anstatt basierend auf eine gründlich und differenziert durchgeführte Forschung. „Wir wollen wissen, was wirklich ist und keine ideologisch gefärbten Entscheidungen!“

Ohne eine nachhaltige Küstenfischerei habe die Nordsee und das Wattenmeer, bei all ihrer industriellen Nutzung, nunmehr kaum eine Chance, wenigstens noch naturnah zu bleiben. Denn mit den Küstenfischern verschwände eine fachkundige Gruppe, die direkt und vor Ort negative Veränderungen der Meeresumwelt nicht nur punktuell, wie die Forschung, sondern tagesaktuell sowie großflächig bemerken und wohl auch öffentlich machen würde. Gerd-Christian Wagner: „Zugleich braucht es eine öffentlich geförderte Forschungsoffensive zur Weiterentwicklung umweltschonender Fangtechnik.“

Die wahre Bedrohung für die Nordsee komme nun einmal nicht von der Krabbenfischerei, sondern durch Schadstoffeinträge, Erwärmung, Plastikmüll, Gammelfischerei, Eutrophierung, Sandentnahmen, militärische Nutzung, Offshore-Windparks, Baggergutverklappungen, Havarierisiken und vieles mehr, gibt Ulrich Birstein zu bedenken. Als kommunal verorteter Umweltverband sehe sich die SDN von daher in der Pflicht, sich schützend vor die betroffenen Familienbetriebe der Krabbenfischerei zu stellen, machen beide Vorsitzende klar.

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