Wenn der Wind zu stark weht, muss dieser Landwirt noch Erdgas zukaufen
Artikel vom 06.02.2023

Der Ihlower Landwirt Albert Buhr betreibt gemeinsam mit vier anderen Landwirten eine Biogasanlage. Zu windreichen Zeiten sind Buhr und seine Kollegen gezwungen, Hunderte Kubikmeter Biogas pro Tag abzufackeln – und Erdgas dazuzukaufen und zu verbrennen. Bild: privat
Wenn es besonders windig ist, dann schrillen bei Landwirt Albert Buhr aus Ihlow alle Alarmglocken. Denn dann wird seine Biogasanlage oft vom Netz genommen, um Überlastungen zu verhindern. Das kommt Buhr allerdings in doppelter Hinsicht teuer zu stehen – und nicht nur ihn.
Weht in der Region um die Gemeinde Ihlow zu viel Wind, schrillen bei Albert Buhr aus der Gemeinde Ihlow die Alarmglocken. Denn windreiche Tage kosten ihn bares Geld – im schlimmsten Fall 700 bis 800 Euro, und das jeden einzelnen Tag. Woran das liegt? Buhr betreibt gemeinsam mit vier anderen Landwirten eine der größeren Biogasanlagen in der Region - und diese wird regelmäßig zwangsweise vom Netz genommen, wenn es besonders windig ist. Dann drohen nämlich die Stromnetze der Region aufgrund des Überangebots aus der Windenergie überlastet zu werden. Um das zu verhindern, werden einige Anlagen zwangsweise abgeschaltet.
30 Stunden zwangsweise abgeregelt – allein in diesem Jahr
Oft trifft es auch Buhrs Biogasanlage – in diesem Jahr war die Anlage schon 303 Stunden offline. Buhr ist allerdings auf den Betrieb angewiesen, denn nur wenn die Anlage läuft, kann er die Abwärme der Motoren, die Generatoren zur Stromproduktion antreiben, nutzen, um das nachgelagerte Wärmenetz zu versorgen. 17 Haushalte werden wärmeenergetisch versorgt, darunter auch große Abnehmer wie ein Netto-Markt. Wird die Anlage aber vom Netz genommen, gibt es keine Wärmeenergie mehr, weil die Motoren nicht laufen. Deshalb muss Buhr dann Erdgas kaufen und damit den Erdgasbrenner betreiben, um seiner Verpflichtung den Wärmekunden gegenüber gerecht zu werden. Doch damit nicht genug.
94.000 Kubikmeter Biogas einfach verbrannt
Weil die Motoren der Biogasanlage nicht laufen, wird auch das produzierte Biogas nicht genutzt. Dieses kann Buhr allerdings nicht einfach einlagern und ist deshalb gezwungen, es zu verbrennen. 330 Kubikmeter Biogas pro Stunde gehen immer dann durch den Schornstein, wenn die Anlage zwangsweise abgeregelt wird. Zusammengefasst heißt das: Weht zu viel Wind, dann steigt der Bedarf an Erdgas rasant an. Im Fall von Buhrs Anlage waren es in 303 ausgefallenen Betriebsstunden bislang 11331 Kubikmeter Erdgas, die er durch den Brenner geschickt hat, um seine Wärmelieferverpflichtungen zu erfüllen. Und darüber hinaus hat er rund 94.000 Kubikmeter Biogas verbrannt, weil er dieses nicht für die Stromproduktion nutzen konnte. Doch mit diesem Schicksal ist Buhr nicht allein, wie das Schicksal von Jens Soeken aus Großefehn zeigt.
Einfach abschalten nicht machbar
Doch warum kann die Biogasanlage nicht einfach abgeschaltet werden? Das liegt an den Strukturen und der Funktionsweise. Nur wenn die Bakterien im Inneren, die rund 50 Tonnen Futter pro Tag im Gärprozess zersetzen, auf konstanter Temperatur gehalten werden, läuft die Anlage auf voller Leistung. Und nur dann wird das Maximum an Biogas produziert. Die Bakterien reagieren nämlich empfindlich auf Temperaturveränderungen. Zudem dauert das Hochfahren der Anlage nach einem kompletten Reset Monate – und die Verluste würden Buhr nicht erstattet. Nur wenn die Anlage zwangsweise abgeschaltet wird, dann bekommt er den Ausfall entschädigt. Aber das auch nur in einem beschränkten Maß, denn die Stromproduzenten werden erst vom Netz genommen, wenn aufgrund der Überproduktion im Norden ein Engpass im Süden droht. Das passiert immer dann, wenn das Angebot an Strom so hoch ist, dass die Preise derart stark fallen, dass Kraftwerksbetreiber im Süden ihre Anlagen vom Netz nehmen könnten, um Verluste zu verhindern. Die Ausfallentschädigung richtet sich allerdings nach dem zum Zeitpunkt der Abregelung gültigen Preis – und der ist dann weitaus niedriger als zu windarmen Zeiten.
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