Lieber „ausstottern“ lassen, als das Wort „aufzufüllen“

Artikel vom 26.10.2022

Jana Budde

Am 22. Oktober ist Weltstottertag: Luca Ziemann, Betroffener aus Kirchseelte, berichtet von seinen Erfahrungen. Bild: privat

Wenn die Worte „klappern“: Luca Ziemann stottert. Im Gespräch erzählt der Kirchseelter, wie er mit der Sprechstörung zurechtkommt.

Ganz genau weiß Luca Ziemann nicht, wann es mit dem Stottern anfing. „An die Anfänge kann ich mich nicht genau erinnern. Seit der Grundschule auf jeden Fall“, sagt der 21-Jährige, der in Kirchseelte aufgewachsen ist. Seitdem lebt er mit der Sprechstörung.

Mal stärker, mal weniger stark tritt das Stottern auf. „Ein bisschen ist es von der Situation abhängig, in der ich mich befinde“, sagt Luca Ziemann, der in Hamburg Deutsche Sprache und Literatur sowie Iranistik im Nebenfach studiert. Wenn ihn eine Situation belaste, sei es beispielsweise oft stärker ausgeprägt. Andererseits könne er gerade in Drucksituationen auch gegenwirken: „Wenn ich mich sehr aufs Sprechen konzentriere. Wenn ich ganz bewusst spreche, kann ich die Kanten der Wörter ‚abrunden’“, erklärt er.

Körperliche Auswirkung

Gelernt habe er die Technik vor einigen Jahren bei der Logopädie. „Ich muss mich aber genau darauf konzentrieren, damit ich nicht hake. Wenn ich nicht darauf achte, ist es, als würden manche Worte zum Anfang oder Ende hin so klappern“, beschreibt er weiter. Allgemein gebe es aber Phasen, in denen das Stottern mehr oder weniger ist, ohne dass Luca Ziemann ausmachen kann, woran es liegt. Und beim Singen stottert er, wie andere Betroffene auch, nicht.

Es komme immer wieder mal vor, dass es ihn nach Gesprächen stört, wenn er viel gestottert hat. Gerade nach solchen Situationen, für die er sich schämt, spüre er körperliche Auswirkungen: „Es ist, als wäre etwas in meinem Körper verkrampft“, beschreibt er das Gefühl. Beispielsweise ist es die Hand, die er zur Faust ballt, oder der Bauch, den er anspannt – willkürliche Sachen, die mit der Anspannung zusammenhängen. „Dann versuche ich bewusst loszulassen, durchzuatmen.“

Zeit lassen

Probleme mit Mobbing hatte Luca Ziemann aufgrund seines Stotterns nicht – nur manchmal das Gefühl, dass Leute ihm aus dem Weg gehen oder sich unwohl fühlen. „Vielleicht weil es für sie nicht so leicht ist, mir zuzuhören“, vermutet er. „Die meisten Leute wollen aber schon nett sein“, macht er die Erfahrung. Ansprechen sollten Außenstehende das Stottern eher nicht – er finde zwar, dass es manchmal das Eis brechen kann, aber dann spreche er es lieber selbst an, sagt der 21-Jährige. Außerdem wisse er von anderen, dass sie es unangenehm fänden.

Was Außenstehende aber tun können: „Zeit zum Sprechen lassen.“ Lieber „ausstottern“ lassen, als das Wort „aufzufüllen“, auch wenn es nett gemeint ist. Übrigens eine Beobachtung, die Ziemann auch generell oft macht: Häufig würden Personen andere in Gesprächen unterbrechen, ihnen ins Wort fallen. „Da sollte man allgemein mehr drauf achten“, findet der 21-Jährige.

WELTSTOTTERTAG

Der 22. Oktober gilt seit 1998 als „Welttag des Stotterns“. Er wird international genutzt, um mit Aktionen und Veranstaltungen auf die Thematik aufmerksam zu machen und ein Bewusstsein für die Schwierigkeiten, die Betroffene erfahren, zu schaffen.


 

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