Warum der Schierbroker Schornsteinfeger Leon Scharf so oft Lottoscheine ausfüllen muss
Artikel vom 04.01.2023

Fürs neue Jahr wünschen sich die Menschen Glück. Als personifiziertes Glückssymbol gilt oft ein Schornsteinfeger. Genau diesen Beruf übt der Schierbroker Leon Scharf aus. Bild: Dirk Wieting
Fürs neue Jahr wünschen sich die Menschen Glück. Als personifiziertes Glückssymbol gilt oft ein Schornsteinfeger. Genau diesen Beruf übt der Schierbroker Leon Scharf aus. Wie der 21-Jährige dazu kam.
Man sieht sie auf vielen Silvester-Dekos und Neujahrskarten: Schornsteinfeger. Sie sind für viele das personifizierte Glück. Daher ist es auch kein Zufall, dass mein letzter Gesprächspartner in diesem Jahr auch ein Schornsteinfeger ist.
Leon Scharf ist 21 Jahre jung und nicht nur mit Leib und Seele Schornsteinfeger, sondern auch Feuerwehrmann. Auf Schierbrok lässt er nichts kommen, denn dort ist seine Heimat. Hier ist er mit seinen beiden älteren Brüdern aufgewachsen. In der Nachbarschaft war der ehemalige Bauernhof seiner Großeltern ein beliebter Aufenthaltsort für Leon und seine Freunde. War der Acker hinterm Haus nass und matschig, dann war das der ideale Spielplatz. Steckten die Stiefel im Matsch fest, ging es eben ohne Stiefel weiter. Vater Uwe musste dann die im Matsch steckengebliebenen Stiefel vom Acker holen.
Um seine ideale Freizeitbeschäftigung zu finden, benötigte Leon etwas länger. Beim Tischtennis oder Bogenschießen blieb es bei den ersten Versuchen. Fußball beim VfL Stenum sollte es dann sein, aber auch hier fehlte ihm die Leidenschaft. Selbst ein Besuch mit seinem Vater im Bremer Weserstadion änderte daran nichts. Seine beiden Brüder Thorben und Florian waren schon bei der Jugendabteilung der Freiwilligen Feuerwehr Schierbrok-Schönemoor. Mit zehn Jahren ging Leon einmal mit und war sofort begeistert. Und an dieser Begeisterung hat sich bis heute nichts geändert. Besonders schätzt er die Kameradschaft: „Alleine schaffst du nichts, nur in der Gruppe.“
Leon Scharf war zwei Jahre Jugendsprecher seiner Ortsfeuerwehr und gehört heute zum Betreuerteam der Jugendabteilung. Mit 17 Jahren wechselte Leon in die aktive Feuerwehr und hat mittlerweile die Lehrgänge für Atemschutz, Funk und auch für den Maschinisten durchlaufen. In Planung ist noch der Lehrgang zum Truppführer. Auch den Führerschein, um einen Einsatzwagen fahren zu können, möchte er noch machen. Viele seiner bisherigen Einsätze waren nach 30 Minuten erledigt. „Schlimm sind die Einsätze, wenn es Unfälle mit der Bahn gegeben hat“, bemerkt Leon, ohne auf weitere Details einzugehen.
Waren die Treffen der Jugendfeuerwehr ein Highlight, so war es mit der Schule eher das Gegenteil. Immerhin schaffte er so seinen Realschulabschluss. Um sich beruflich zu orientieren, machte er einige Schulpraktika. Bei einer Autolackiererei wusste er schon nach drei Tagen: „Das ist nichts für mich.“ Ebenso war es beim Praktikum zum Feinmechaniker.
Sein Vater gab ihm den entscheidenden Tipp: „Werde doch Schornsteinfeger.“ Beim Schornsteinfegermeister Matthias Urner machte Leon sein Praktikum. „Es hat mir gleich super gefallen“, erinnert er sich. „Hast Du Höhenangst und hast Du Angst vor Dreck?“, fragte ihn Matthias Urner. Beides beantwortete er mit einem klaren „Nein“. So konnte er 2017 mit seiner Ausbildung beginnen. Schon nach einem Jahr bekam er mit Dominik Röben einen neuen Chef, da Matthias Urner aus gesundheitlichen Gründen den Kehrbezirk Schierbrok-Stenum abgeben musste. „Ich habe mich mit beiden Chefs immer gut verstanden“, bemerkt Leon. Unterwegs war er sowieso immer mit dem Gesellen Christopher. „Von ihm habe ich viel gelernt“.
Im Bereich der Handwerkskammer Oldenburg legte Leon Scharf die beste Prüfung hin und konnte beim anschließenden Landesentscheid den dritten Platz belegen. Seit dem ersten Tag seiner Ausbildung wusste er, dass er nicht übernommen wird. So wechselte er zu einem Kehrbezirk in Huntlosen. Anfang 2022 fasste er den Entschluss, noch weitere praktische Erfahrung zu sammeln und fungierte als sogenannter „Springer“. So war er an der Nordsee, auf Wangerooge und auch in Oldenburg im Einsatz. Im Oktober suchte Jan-Gerd Dittjen für seinen Kehrbezirk in Ganderkesee einen neuen Gesellen. Seine Wahl fiel auf Leon.
„Die ersten Monate waren Top. Kein Tag ist wie der andere“, schwärmt Leon. Dazu gehört auch, dass sein Beruf als Glückssymbol angesehen wird. So musste er Lottoscheine ausfüllen oder diese wurden an ihm gerieben. Gerne werden die goldenen Knöpfe von seiner verrußten Uniform angefasst – oder es wird über seine Schulter gespuckt. Jeder möchte eben, dass der Schornsteinfeger Glück bringt. Was aber wünscht sich Leon Scharf für das neue Jahr? „Dass ich gesund bleibe und ich weiterhin so viel Spaß an meinem Beruf habe.“
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