Ein Vormittag mit Pflegerin Daniela Stoike und „ihren“ 400 Tieren
Artikel vom 13.04.2023

Das kleine Zicklein ist einen Tag zuvor geboren worden. Tierpflegerin Daniela Stoike kümmert sich um etwa 400 Tiere in Birgits Tiergarten. Bild: Annika Schmidt
Ein Zicklein wird geboren, ein Lamm kämpft ums Überleben - Tierpflegerin Daniela Stoike hat in Birgits Tiergarten alle Hände voll zu tun. Die Redaktion hat sie bei ihrer Arbeit begleitet.
Wenn Daniela Stoike morgens um 8 Uhr durch den Personaleingang den Streichelzoo von Birgits Tiergarten betritt, ist es ruhig und friedlich auf dem Tierpark-Gelände. Noch hat die Tierpflegerin den Zoo und die Tiere ganz für sich, keine Besucher sind da, nur die Tierparkleiter Birgit Philipps und Enrico Schulz sowie ein paar Handwerker und Garten- und Gehegepfleger genießen bei einer morgendlichen Tasse Kaffee im Kiosk mit ihr die friedliche Stille.
Wenn eine Affen-Dame trauert
Etwa 400 Tiere und 20 verschiedene Tierarten gibt es in dem Tiergarten, der sich an der Tannenstraße in Rechtsupweg befindet. So früh am Morgen gibt’s erst einmal Frühstück – für die Tiere, nicht die Menschen. Den Anfang machen die zwei Affen Lulu und Tom. Kaum beim Gehege angelangt, warnt Stoike: „Schau Lulu nicht in die Augen. Sonst wird sie aggressiv.“ Affen-Dame Lulu hat in ihrem Leben schon viel erlebt. Zuletzt starb ihr alter männlicher Mitbewohner, zuvor hatte sie eine Fehlgeburt. Stoike kann sich noch an die Trauer des Tiers erinnern. Tagelang trug Lulu ihr totes Baby mit sich rum, wollte es nicht loslassen. „Das ist dann immer ein sehr schrecklicher Anblick, aber wir dürfen das Baby erst aus dem Gehege nehmen, wenn sie es ablegt und freigibt. Ebenso war es bei Toms Vorgänger“, berichtet die Pflegerin. Dessen leblosen Körper bewachte Lulu über Stunden bis Stoike ihn aus dem Gehege nehmen konnte.
Von komplizierten Menschen und einfachen Tieren
Nachdem die Affen versorgt sind, geht es zu einem neugeborenen Ziegenbaby. Auf dem Weg dorthin kommt die Pflegerin am Lama-Auslauf vorbei. Ein dunkler Kopf schnellt direkt in die Höhe und blickt in ihre Richtung. „Fiete, mein Schatz!“, ruft sie dem Lama entgegen. Zu Fiete hat Stoike eine besondere Bindung. Seit drei Jahren ist sie Tierpflegerin in Birgits Tiergarten. Fiete war ihr erstes Lamababy.
„Tiere zeigen dir eigentlich immer was sie brauchen und meinen nie etwas persönlich. Möchte ein Tier nicht mehr gestreichelt werden, geht es einfach weg“, erzählt die gebürtige Ostfriesin während sie Fiete den Kopf krault. „Genau aus diesem Grund habe ich mich für den Beruf entschieden. Mit Tieren ist es friedlicher. Man muss sich keine Gedanken machen, warum sie gerade etwas nicht wollen.“ Seit inzwischen acht Jahren arbeitet Daniela Stoike als Tierpflegerin, meist sieben Tage die Woche, zehn Stunden am Tag. Einen anderen Job kann sie sich nicht vorstellen. Sie liebt die persönliche Bindung zu ihren Schützlingen und gibt ihnen mitunter skurrile Namen. „Die Truthähne nenne ich Trudolfs“, erzählt sie lachend und geht weiter.
Zicklein erblickt Licht der Welt
Lama Fiete muss an diesem Morgen noch warten. Die Ziegen sind zuvor dran. Die Eltern des Neugeborenen schauen schon über das Tor ihres Geheges. Stoike füttert sie zunächst aus der Hand und schaut sich dann das Neugeborene an. Es ist schwarzweiß wie seine Eltern, putzmunter und sehr zutraulich. „Es ist ein Junge“, sagt die Tierpflegerin, als sie es hochhebt und fügt hinzu: „Mal sehen, ob es überlebt.“ Denn bei Ziegenbabys ebenso wie bei Lämmern ist das Überleben nach der Geburt nicht garantiert. Sie sind auf die Muttermilch angewiesen, jedoch kommt es nicht allzu selten vor, dass ein Muttertier ihr Neugeborenes verstößt oder nicht trinken lässt. Stoike hofft, dass es dieses Baby schafft. Die ersten zwei Wochen sind entscheidend, sagt sie. Anschließend füttert sie Fiete und die anderen Lamas.
Warum ein Känguru erst mit acht Monaten als geboren gilt
Neben einem Zicklein, sind im Zoo auch mehrere Lämmer auf die Welt gekommen. Eins von ihnen bereitet Stoike Sorgen. Es ist sehr klein und schwach. Ob es überlebt, weiß sie nicht, doch sie ist kritisch. „Vielleicht hat es einen Gen-Defekt“, sagt sie. „Wer überlebt, entscheidet oft die Natur. Selbst bei Flaschenaufzucht passiert es oft, dass das Kleine kurz darauf stirbt.“ Hoffnung jedoch gibt es beim Kängurubaby des Streichelzoos. Ganz keck blickt es bei der morgigen Futterrunde aus dem Beutel seiner Mutter. „Es muss jetzt vier Monate alt sein“, berichtet die Tierpflegerin. Erst wenn es acht Monate alt ist, verlässt es das erste Mal den Beutel der Mutter. „Bis dahin gilt ein Känguru auch noch nicht als geboren. Erst ab dann“, stellt Stoike klar.
Die Vorliebe der Stachelschweine
Inzwischen ist es viertel nach zehn. Sie ist mit ihrem leeren Futterwagen auf dem Rückweg zur Futterküche. Er muss aufgefüllt werden für dir Abendrunde. Da kommen ihr auch schon die ersten Zoobesucher entgegen und strömen zu den Gehegen. Die morgendliche friedliche Stille im Park ist vorbei und einem regen Treiben gewichen.
In der Futterküche müssen Gemüse und Obst sortiert, abgewogen und auf verschiedene Futtereimer verteilt werden. „Oh, es gibt Avocados. Da werden mich die Stachelschweine wieder lieben“, freut sich Stoike beim Blick in die Kisten. Doch darauf müssen die Tiere noch etwas warten. Bis 18 Uhr hat der Park auf. Stoikes nächste Futterrunde beginnt um 17 Uhr. Bis dahin ist aber noch viel zu tun. Die Gehege wollen noch gefegt und gesäubert werden, die Ponys gebürstet, Lagerbestände kontrolliert und Führungen gemacht werden. Viele Ruhepausen gibt es für Stoike nicht, aber die Tiere sind es ihr wert. Daran besteht für sie gar kein Zweifel.
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