Rettungshunde üben Nasenarbeit in den Gristeder Büschen
Artikel vom 06.04.2023

Bestens auf alle Bedingungen vorbereitet: Die Trainingsgruppe im Wald. Wie bei einem echten Einsatz darf schlechtes Wetter keine Rolle spielen. Trainiert haben Annabelle Stahl mit Dexter, Tabitha Putzmann, Simone Kondritz mit Lumes, Trainerin Conny Steidinger, Wiebke Gröhnke mit Heidi und Gunter Zinkgraf mit Carlos. Zu diesem Zeitpunkt noch im Wald versteckt: Ilka Ebel. Bild: Christian Quapp
Der noch junge Rettungshundeverein SAR Mantrailing Ammerland arbeitet nach Vorbild eines amerikanischen Polizei-Ausbilders. Ein Besuch beim Training in den Gristeder Büschen.
Freitagnachmittag in den Gristeder Büschen: Etwas abseits eines Waldweges steht ein kleines rotes Fähnchen, etwas entfernt davon eine Blechdose. Dexter, ein Labrador, zieht an seiner Leine und steuert mit tief gesenkter Nase schnell an der Dose mit einer Geruchsprobe vorbei, hinein in den Wald. Nach wenigen Metern endet die Spur, Dexter dreht um, folgt einem neuen Geruchspfad in eine andere Richtung – um kurz darauf wieder umzukehren. Doch dann hat er die richtige Fährte erwischt. Mit schnellen Schritten geht es den Waldweg entlang. An einer Abzweigung dreht Dexter kurz in alle Richtungen, entscheidet sich für einen Weg, um wenige Meter weiter den Pfad zu verlassen und weiter mit tief gesenkter Nase über Gräben hinweg mitten hinein in den Wald zu laufen. Da, hinter einen Baum sitzt eine Gestalt. Dexter steuert auf sie zu und wird gleich darauf mit freudigen Worten und einer gut gefüllten Futterdose empfangen.
Viel Fachsprache
Es ist Trainingswochenende beim Verein SAR Mantrailing Ammerland. Wer hier den Gesprächen folgen will, muss sich zunächst etwas Fachsprache aneignen. SAR steht für „Search and rescue“ – „Suchen und retten“. Mantrailing ist der englische Fachbegriff für die Personensuche mit Hunden. Die Ausbildungsphilosophie des noch recht jungen Vereins ist GAK9 – wieder so ein Fachbegriff. „K9“ ist eine vor allem in internationalen Polizei- und Militärkreisen gebräuchliche Abkürzung für „canine“, dem Fachbegriff für die große Familie der Hunde. Da GA steht für Georgia, wo der Begründer der Ausbildungsphilosophie, der Polizist Jeff Schettler, sie entwickelt hat.
Aus der Schweiz
Trainer, die nach seiner Philosophie arbeiten, gibt es mittlerweile überall auf der Welt. Conny Steidinger kommt aus der Schweiz und ist für drei Tage im Ammerland, um hier bei der Ausbildung von Hunden und vor allem Menschen zu unterstützen. „Das Suchen muss man einem Hund nicht beibringen“, sagt sie bei der Besprechung unter einer Plane, die auf dem Parkplatz in Gristede notdürftig vor dem Regen schützt. „Nur was er suchen soll.“ Die Übung, die Dexter und die anderen Hunde heute absolvieren, ist anspruchsvoll. Denn die ersten Spuren, die der Hund zu Anfang erfolglos verfolgt hat, waren absichtlich gelegt. Tabitha Putzmann, die „Vermisste“, ist an verschiedenen Stellen ein Stück in den Wald und auf dem gleichen Weg zurück gelaufen. Für Dexter nicht ganz einfach. Conny Steidinger erkennt die Momente, wenn der Hund von dieser Situation verwirrt ist, plötzlich abgelenkt wird. Dann hebt er das Bein oder sucht die Nähe der Menschen. Auch der Hundeführer – oder „Handler“ –, in diesem Fall Annabelle Stahl, muss das erkennen und dann korrigierend eingreifen, erläutert sie.
In Vorbereitung
Seit Juli 2021 gibt es den Verein, viele der 13 aktiven Mitglieder haben aber auch schon vorher trainiert. Fünf Teilnehmer sind an diesem Wochenende dabei, ihre Hunde sind dafür vorgesehen, künftig als aktive Rettungshunde in einer Rettungshundestaffel zu arbeiten – erste Gespräche dazu mit der lokalen Polizei sind in Vorbereitung. Die Vermisstensuche im Wald ist eine Spezialität der Gruppe von Mantrailing Ammerland, diese Fähigkeit könnten andere Suchhundestaffeln nicht unbedingt abdecken, sagt Simone „Konni“ Kondritz, Gründerin und erste Vorsitzende des Vereins. Aber auch in bewohnten Gebieten, den „suburbanen“ und „urbanen“ Umgebungen kommen die Tiere zum Einsatz – und auch das wird an diesem langen Wochenende geübt.
Training beginnt früh
Viel anstrengende Nasenarbeit also für Dexter und die anderen Hunde Lumes, Heidi und Carlos. Suchen könne prinzipiell jeder Hund, sagt Conni Steidinger. Kurznasige Rassen sind allerdings im Nachteil, vor allem beim Hitze und großer Anstrengung. „Die Genetik spielt schon eine Rolle.“
Dennoch sei jeder Hund anders, individuelle Eigenschaften entscheiden letztlich, ob das Mantrailing mit dem Hund Hobby bleibt, oder ob er für die Profi-Arbeit taugt. „Ich vergleiche das gern mit Tennis“, sagt Steidinger. „Wir haben viele Tennisspieler in der Schweiz, aber nur einen Roger Federer.“
Und wie im Spitzensport werden Grundlagen auch hier früh gelegt: Erste Trainingseinheiten gibt es für Welpen ab der achten Lebenswoche. Wer mit seinem Hund Mantrailing ausprobieren will, egal ob auf Profi- oder Hobby-Niveau bekommt weitere Informationen unter https://sarmantrailingammerland.clubdesk.com.
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