Gefährliche Medikamenten-Lieferung bis nach Mariupol
Artikel vom 05.05.2022

Ärzte aus Oldenburg helfen der Ukraine: Nataliia Sukhoruchenko und Bogdan Shcheglov im Lager des Vereins. Bild: Friederike Liebscher
Ein Team von Ärzten aus Oldenburg und Umgebung schickt alle zwei Wochen Medikamente und Geräte an die frontnahen Krankenhäuser in der Ukraine. Dort müssen schwerste Verletzungen behandelt werden.
Sechs Kartons mit hochdosiertem Atropin, wirksam gegen Vergiftungen mit dem Kampfstoff Sarin-Gas, gelangten in der vergangenen Woche auf verdecktem Weg nach Mariupol. Absender: eine Hilfsorganisation von Ärzten aus Oldenburg. Bogdan Shcheglov, Notfallmediziner am Klinikum in Oldenburg, steht im Lager der Vereins Christliche Medizinische Hilfe direkt zwischen Regalen voller Medikamente und Kartons mit medizinischen Geräten. Von hier aus organisieren er und seine Kollegin Nataliia Sukhoruchenko gemeinsam mit anderen Helfern die Transporte in die Ukraine. Und hier erzählen sie von ihrer Arbeit, die sie in den vergangenen Wochen rund um die Uhr in Beschlag nimmt.
Kontakt zu Ärzten
Gleich zu Beginn des Krieges schickten die Ärzte aus Oldenburg Transporte in ihr Heimatland. „Wir arbeiten direkt mit den Ärzten in den Krankenhäusern vor Ort zusammen. Sie schicken uns Listen mit den Dingen, die gebraucht werden“, erzählt er. Alle zwei Wochen verlässt dann ein 40-Tonner Oldenburg in Richtung Ukraine. „Am Anfang fehlte es dort an allem. Mittlerweile arbeiten wir genaue Bestellungen ab“, so Shcheglov. Erst am vergangenen Wochenende konnte der Verein Bestecke für Bluttransfusionen für die Kinderonkologie liefern. „Dabei hat uns die Deutsche Flugambulanz geholfen. Sie fliegt schwer verletzte Menschen aus der Ukraine zur Behandlung nach Deutschland. Damit das Flugzeug auf dem Hinweg nicht leer ist, haben sie unsere Lieferung mitgenommen“, berichtet der Arzt. Benötigt würden vor Ort aber nicht nur Spezialmedikamente, sondern auch Insulin, Schilddrüsenhormone oder Bluthochdrucktabletten. Die Versorgungslage in den Gebieten, die weiter von der Front entfernt liegen, sei gut. Je näher die Krankenhäuser und Ambulanzen an den Kampfgebieten sind, desto schlechter ist mittlerweile ihre Ausstattung.
Schwere Wunden
Die Ärzte dort sind mit schwersten Kriegsverletzungen konfrontiert. „Es gibt heftige Fälle, und zwar viele. Die Kollegen arbeiten rund um die Uhr. Es fehlt an den einfachsten Basics.“ Als Beispiel zieht Bogdan Shcheglov einen schwarzen Gurt hervor. Mit der „Tourniquet“-Blutsperre werden Extremitäten nach schweren Verletzungen abgebunden. „Nur einer davon kostet 50 Euro. Im nächsten Transport werden wir einige Kisten mitschicken“, erklärt er. Die Wege, auf denen die Lieferungen in die Krankenhäuser gelangen, sind für die Fahrer der Hilfstransporte sehr gefährlich. „Es wird nachts und ohne Licht gefahren. Die Wagen werden sonst beschossen“, hat Shcheglov erfahren.
Finanziert durch Spenden
Die Medikamente und Geräte, die in die Ukraine geschickt werden, kauft der Verein aus Oldenburg selbst ein. Finanziert wird die Hilfe durch Spenden. „Wir sind darauf angewiesen“, erklären Nataliia Sukhoruchenko und Bogdan Shcheglov. Leider würden immer weniger Gelder auf dem Konto des Vereins eingehen. „Es gab aber einige ganz tolle Aktionen zu unserer Unterstützung. Die Schüler der Grundschule Bürgeresch haben einen Flohmarkt veranstaltet, auf dem 3000 Euro zusammen kamen. Und auch bei einer Beerdigung wurde für uns gesammelt. Da waren wir sehr gerührt“, so die Mediziner. Sie wollen sich weiter für die Unterstützung ihrer Kollegen in der Ukraine einsetzen. Der nächste Transport macht sich an diesem Wochenende auf den Weg.
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