Hier bekommt das Scheitern eine Bühne

Artikel vom 21.11.2022

Sabrina Holthaus

Ihr Traum ist geplatzt: Die Berlinerin Martina Leisten erzählte davon, wie sie ihr eigenes Café aufbauen wollte und damit gescheitert ist. Bild: Sascha Stüber

Fehler macht bekanntlich jeder, doch sie sprechen darüber: Bei der ersten Oldenburger „FuckUpNight“ präsentierten Unternehmer nicht ihre Erfolge, sondern ihr Scheitern. Sie brachen ein Tabu.

FuckupNight – Der Name klingt erstmal vulgär, bringt das Thema des Abends aber auf den Punkt. „Fuck up“ bedeutet ins Deutsche übersetzt, dass man etwas „versaut“, oder treffender: „Scheiße baut“.

„Das Ziel ist es, zu akzeptieren, dass Fehler passieren und das Thema aus der Tabu-Zone zu holen“, erläutert Christian Liebezeit, Geschäftsführer von M-C-Quadrat, die den Abend in Oldenburg organisiert haben. Das Scheitern solle hier nicht an den Pranger gestellt werden, sondern eine Bühne bekommen. Premiere war am Mittwochabend im Lokal „Die! Flänzburch“.

Weltweit verbreitet

Die FuckUpNight stammt ehemalig aus Mexiko und hat sich über die letzten Jahre weltweit verbreitet. Doch Liebezeit und sein Team haben sie nun erstmals nach Oldenburg geholt. „Die FuckUpNight passt gut in eine interessierte Kulturstadt wie Oldenburg“, findet Liebezeits Frau Marlies, die ebenfalls zum Unternehmen gehört. Zudem entspreche das Konzept der aktuellen Zeit. „Wir bewegen uns weg von Standpauken und starken Hierarchien und hin zu einem kollegialen Arbeiten auf Augenhöhe“, erläutert Marlies Liebezeit. Dazu gehöre, eine gute Fehlerkultur im Unternehmen zu haben.

„Nur weil man versagt hat, ist man kein Versager“, steht auf einer der letzten Folien von Martina Leisten. Die Berlinerin hatte sich in der Vergangenheit ihren Traum vom eigenen Café erfüllen wollen. Doch es lief einiges schief und sie endete mit hohen Schulden in der Privatinsolvenz. Nach einem steinigen Weg entschied sie sich, ihre Geschichte auf der Bühne zu teilen. „Ich wollte es in die Welt heraustragen und vielleicht hilft meine Geschichte anderen“, sagt die mutige Gründerin.

Aus der Tabu-Zone

Fehler zu Enttabuisieren helfe Menschen und ermutige sie. „Viele hält die Angst zu scheitern davon ab, überhaupt zu gründen“, weiß Leisten. Durch die Aufklärung hofft sie, etwas von dieser Angst zu nehmen.

Denn auch, wenn es eine negative Erfahrung war, sei sie an ihrem Scheitern gewachsen: „Ich habe dabei herausgefunden, dass ich stärker bin, als ich dachte.“

„Die Insolvenz passiert mehr Menschen, als man glaubt“, erläutert Janik von Lerchenfeld, der an dem Abend die Geschichte seiner Firmeninsolvenz erzählt. Der Münchener trat früh in das Unternehmen „Sesitec“ seines Vaters ein. So muss er sich bereits mit 23 Jahren mit der Insolvenz und dem Scheitern auseinandersetzen.

Heute ist er freiberuflich unterwegs und berät Unternehmen. Oldenburg ist sein zehnter Auftritt für die FuckUpNight. „Es kommt einen viel Dankbarkeit dafür entgegen, dass man sich hinstellt und darüber spricht“, berichtet von Lerchenfeld. Das Thema gehöre bei jedem dazu. Dennoch habe man Angst darüber zu sprechen. „Durch meine Erfahrung habe ich gelernt, mit Scheitern umzugehen“, findet der Münchener. Das gebe ihm Sicherheit und Selbstvertrauen.

Konzept begeistert

Rund 35 Gäste waren zu dem Abend gekommen. Unter ihnen sind die fünf Freundinnen Laura, Jasmin, Maren, Stina und Insa aus Oldenburg. Sie zeigen sich sehr begeistert von dem Konzept. „Man hört sonst nur von den Erfolgen der Menschen, das ist mal ein komplettes Gegenteil“, findet Maren. Das nehme einem die Angst, etwas zu wagen. Laura ist sicher: „Ich denke, jeder hatte schonmal Momente, in denen etwas schiefgelaufen ist, aber man lernt daraus und wächst daran.“


 

Blaulicht-Ticker

Weitere interessante Artikel

Horst-Heißenbüttel-Stiftung spendet 6000 Euro – damit Menschen nicht auf der Straße landen

Die Oldenburger Horst-Heißenbüttel-Stiftung unterstützt die Arbeit des ÖAW. Mit dieser Hilfe wird ein Sozialberater finanziert, der seit Jahren Menschen vor der Obdachlosigkeit ...

Traditionsunternehmen feiert Jubiläum: Traditionsunternehmen feiert Jubiläum: 25 Jahre Hallmann

Anzeige

IHK übt massive Kritik an Oldenburger Verkehrsplänen

Unter dem Namen „Mobilitätsplan“ hat die Stadt Oldenburg ein Papier vorgelegt, dass für Diskussionen sorgt. Die IHK äußert massive Kritik, auch an mangelhafter ...

Warum das Landesturnfest auf der Kippe stand

Seit Jahrzehnten besucht Lutz Alefsen Turnfeste. Das in Oldenburg sei ganz besonders, sagt der Vize-Präsident des Turner-Bundes. Nicht nur, weil das Fest für den Ammerländer ein ...

Oldenburger Bernd Mansholt lernt in Japan das Schmieden der Hamon-Linie

Die Hamon-Linie bezeichnet die sichtbare Zone auf einer Messerklinge zwischen hartem und weichem Stahl. Dafür bedarf es einer bestimmten Technik und feinem Gefühl - Bernd Mansholt hat sich ...

LzO: Mit dieser Vielfalt hat man nicht gerechnet

Anzeige

So stark senkt EWE zum 1. Juli Preise für Strom und Gas

Die EWE senkt zum 1. Juli ihren Strom- und Gaspreis in der Grundversorgung. Rund 315.000 Strom- und 165.000 Gaskunden des Oldenburger Energiekonzerns profitieren. Diese Schritte sind vorgesehen. Auf ...

Malerin aus dem Irak sorgt für neue Töne in Oldenburg

Im Irak wurden ihre Bilder vom IS verbrannt. Seit zwei Jahren lebt Luisa Shabi mit ihrer Familie in Oldenburg. Sie hat neue Bilder gemalt. Diese sind in der Osterausstellung in Ofenerdiek zu ...

„An ein Gefühl der Jugendlichen andocken“

Das Oldenburger Projekt BODIG zur digitalen Berufsorientierung ist nach 18 Monaten zu Ende gegangen. Bei einer Abschlussveranstaltung im PFL wurde ein Fazit gezogen. Eine Möglichkeit zur ...

Die richtige Adresse für Ihre Gesundheit: Das Therapiezentrum des Evangelischen Krankenhauses punktet mit einem breiten Angebot

Anzeige

„Erinnerung aufrechterhalten, um zu lernen“

In Oldenburg erzählte der NS-Zeitzeuge und Holocaustüberlebende Tswi Herschel seine Lebensgeschichte. Bei einem von der Polizei organisierten Vortrag mahnte er zur historischen ...

Politik streitet hitzig über höhere Parkgebühren in Oldenburg

Emotionsgeladen wie ein Fußballspiel, mitunter gespickt mit verbalen Unsportlichkeiten: Das war der Verkehrsausschuss am Montagabend. Das Thema: Die Parkgebühren in Oldenburg. Ein ...

Die Bruchstücke seines Lebens ergeben das Album „Musaik“

Der Oldenburger Rapper „Stylez Tyson“ hat sein neues Album „Musaik“ herausgegeben. Im gleichnamigen Titelsong gibt der 34-Jährige tiefe Einblicke in sein Leben. Alles ...

Klinikum Oldenburg: Was passiert im OP-Bereich?: Ein Blick hinter die Kulissen

Anzeige

Politik will Begrüßungsgeld für junge Neu-Oldenburger verdoppeln

Studenten, die sich mit ihrem Hauptwohnsitz in Oldenburg anmelden, können Begrüßungsgeld beantragen. Bald soll es mehr geben und weitere Gruppen sollen davon profitieren. Den ...