So belastend ist die Heim-Schließung für Bewohner und Angehörige

Artikel vom 04.08.2023

Patrick Buck,Friederike Liebscher

Die Hansa-Einrichtung am Küstenkanal: 104 Pflegeplätze fallen hier weg. Die Bewohner müssen umziehen. Bild: Archiv/von Reeken

Nach der Insolvenz des Betreibers muss das Hansa-Altenpflegeheim am Küstenkanal in Oldenburg schließen. Die Bewohner wurden zu spät über den Ernst der Lage informiert, kritisiert die SPD 60 plus.

Oldenburg - Noch im März hatte es auf einer Versammlung geheißen, die Bewohner müssten sich keine Sorgen machen, im Juli kam dann die Nachricht, dass das Hansa-Pflegeheim am Küstenkanal aufgrund der Insolvenz der Betreibergruppe schließen muss. Angelika Kohn, Sprecherin der Gruppe SPD 60 plus, kritisiert, dass die Betroffenen vom Betreiber zu lange in Sicherheit gewogen wurden. Sie hat persönliche Kontakte in das Pflegeheim. „Ich habe erlebt, was das jetzt für die Bewohner bedeutet. Sie müssen in andere Heime umziehen und sich kurzfristig selbst neue Plätze suchen“, erzählt Kohn. „Ich habe Gespräche mitbekommen, die mich sehr betroffen gemacht haben. Zum Beispiel können nicht alle in ein Einzelzimmer umziehen.“

Eine Zumutung

Den Umgang mit den alten und pflegebedürftigen Menschen findet sie nicht in Ordnung. „Die Pflegeheim-Bewohner haben gerade erst eine Pandemie durchgestanden. Danach bekamen sie den permanenten Personalmangel zu spüren. Und nun sollen sie in eine neue Umgebung umziehen“, zählt sie auf – es sei eine Zumutung. „Ich habe miterlebt, was das für die Betroffenen bedeutet.“ Die Gruppe SPD 60 plus will das Thema bei der nächsten Versammlung ansprechen. „Ich sehe auch die Stadt in der Verpflichtung, den betroffenen Menschen zu helfen“, macht Angelika Kohn deutlich.

Betroffen von der Schließung des Hansa-Heimes am Küstenkanal sind 83 Bewohner und 68 Mitarbeiter. 104 Pflegeplätze standen insgesamt zur Verfügung. Die Standorte in Ofenerdiek und in Kreyenbrück sollen erhalten werden, hieß es im Juli vom Insolvenzverwalter. Bei der Frage nach der Wirtschaftlichkeit des Pflegeheims am Küstenkanal habe auch die Höhe der Miete eine wesentliche Rolle gespielt – mit dem Vermieter habe man keine Einigung erzielen können. In Zeiten gestiegener Kosten für Energie, Personal und Lebensmittel bei gleichzeitig niedrigeren Belegungszahlen aufgrund des Personalmangels, bringe die Miete, die an die Entwicklung der Inflation gekoppelt sei, das „Fass zum Überlaufen“. Von der Schließung nicht betroffen ist der Bereich „Wohnen mit Service“ (Betreutes Wohnen) am Standort Küstenkanal.

Viele Absagen

Von einer sehr schwierigen Zeit berichtet auch Barbara Göbel, die eine 91-jährige Oldenburgerin betreut. Ihre Kritik richtet sich nicht an das Unternehmen oder die bisherige Heimleitung. Sie sieht den Vermieter der Immobilie am Küstenkanal in der Verantwortung, dass es keine wirtschaftlich tragbare Zukunft für das Haus gibt und deswegen so viele Menschen umziehen müssen. Aus ihrer Sicht steht zudem der gesamte Pflegebereich insgesamt einfach viel zu schlecht da. „Als mir die Schließung der Einrichtung am Küstenkanal mitgeteilt wurde, habe ich am nächsten Morgen gleich nach Alternativen gesucht.“ Mindestens zehn Anbieter habe sie abtelefoniert. In den meisten Fällen hieß es: kein Zimmer frei, kein Personal vorhanden. „Die Telefone standen dort wohl nicht mehr still, wurde mir gesagt, weil viele Hansa-Kunden anriefen.“

Die 91-Jährige konnte inzwischen umziehen. Sie hatte den Vorteil, dass sie finanziell gut aufgestellt ist. Doch dass viele der betroffenen Senioren alles andere als eine Wahl haben bei ihrem künftigen Heimplatz, ist für Barbara Göbel eine grausige Vorstellung. Vor allem mit Blick auf ältere Menschen, die keine engagierten Angehörigen oder Begleiter an ihrer Seite haben.


 

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