Malerin aus dem Irak sorgt für neue Töne in Oldenburg

Artikel vom 04.04.2023

Susanne Gloger

Mit diesem Bild wird für die Osterausstellung geworben: Die jesidische Künstlerin Luisa Shabi aus dem Irak gehört der Oldenburger Künstlergruppe erst seit einigen Monaten an. Bild: Susanne Gloger

Im Irak wurden ihre Bilder vom IS verbrannt. Seit zwei Jahren lebt Luisa Shabi mit ihrer Familie in Oldenburg. Sie hat neue Bilder gemalt. Diese sind in der Osterausstellung in Ofenerdiek zu sehen.

Auf dem Handy hat sie Fotos von ihren Bildern, die sie in ihrer Heimat Irak gemalt hat. Landschaften, Menschen, Häuser – eher realistisch dargestellt. „Die Bilder sind alle weg, alle verbrannt, vom IS“, sagt Luisa Shabi. Das hat sie aber erst später erfahren. Da war sie schon weit weg von Baschiqa, ihrer Heimatstadt in der Nähe von Mossul.

Von der Flucht

Die Jesidin Luisa Shabi, 42 Jahre alt, studierte Kunsterzieherin, musste im Jahr 2014 mit ihrer Familie vor dem Islamischen Staat fliehen. In Erbil, der Hauptstadt der Autonomen Region Kurdistan im Irak, blieben sie ein Jahr. Dann ist ihr Mann, Kameramann, Regisseur und Englischlehrer, schon mal los nach Deutschland. Er war nicht lange weg, da stellte Luisa Shabi fest, dass sie schwanger war. Mit den beiden Söhnen (damals dreieinhalb und neun Jahre alt) sowie der Tochter (14) ihres Mannes aus erster Ehe machte sie sich deshalb auch auf den Weg.

In Nürnberg traf die Familie schließlich wieder zusammen. Die 24-stündige Bootsfahrt mit anderen Flüchtlingen von der Türkei nach Griechenland vergisst die mutige Frau nicht, auch nicht die Strapazen der Landstrecke über den westlichen Balkan bis nach Deutschland. Etwa sieben Jahre ist das her. Die Familie lebte zunächst in Bayern, vor zwei Jahren kam sie nach Oldenburg. In dem kleinen Dorf in Bayern sei es schwierig gewesen, Anschluss zu finden, sagt Luisa Shabi. Kontakt zu anderen Menschen, um sich über Kunst austauschen, wollte sie unbedingt.

Vom neuen Zuhause

„Hier in Oldenburg ist es viel besser für uns. Hier gibt es viele Möglichkeiten“, freut sich die 42-Jährige. Ihr Mann hat eine Stelle bei der Citipost gefunden, sie kümmert sich um den Haushalt und die Kinder, die immer selbstständiger werden. Zwischendurch findet sie Zeit fürs Malen. Ihre neuen Bilder sind ganz anders als die von früher. In der Osterausstellung der Oldenburger Künstlergruppe werden einige davon zu sehen sein. Eines wurde aus mehreren Bildvorschlägen für das Plakat ausgewählt, das Neumitglied Dorena Reckow maßgeblich entworfen hat.

In der Künstlergruppe hat Luisa Shabi genau das gefunden, was sie gesucht hat. Über die Suche im Internet war sie auf den Verein gestoßen, schickte einfach eine Mail und bekam schnell Antwort. Im Dezember 2022 stellte sich die Künstlerin der Gruppe mit einigen ihrer Bilder vor. Sie wurde aufgenommen. „Man muss schon zeigen, dass man das gut beherrscht, was man macht. Und eigene Ideen müssen eingebracht werden“, erklärt die Oldenburger Bildhauerin Dagmar Winzer, die ebenfalls Neumitglied ist.

Vom Malen

„Wenn ich male, bin ich glücklich. Es ist wie Medizin gegen Depression. Kunst ist Nahrung für meine Seele“, fasst Luisa Shabi zusammen, wie wichtig es ihr ist, Gefühle und besonders auch Erinnerungen an die Heimat auf die Leinwand zu bringen. Sie mag Farben wie Türkis und Orange, malt jetzt eher kubistisch und in Öl. „Wenn ich male, höre ich kurdische Musik. Ich wundere mich manchmal, wenn ich fertig bin, was ich gemalt habe. Ich bin in einer anderen Welt. Es ist wie eine Zeitreise.“

Die 42-Jährige malt nun vorrangig Menschen – meist Frauen in verschiedenen Konstellationen: als Mutter, als Eva, als Teil eines Paares, in traditioneller Tracht. Das Bild, das für das Plakat gewählt wurde, trägt den Titel „Nostalgia for the Homeland“. Die Künstlerin erklärt: „Es zeigt, dass ein Teil von uns im Heute lebt und ein Teil stammt von der Erinnerung und von der Familie.“ Symbole und Zeichen in dem Bild weisen auf ihre Heimat hin. Zum Beispiel die blaue Kette. „Sie ist ein Symbol, das von Menschen im Nahen Osten verwendet wird, um Neid zu verhindern.“

Vor ihrer Flucht aus dem Irak hatte Luisa Shabi eine Ausstellung vorbereitet. Diese Bilder gibt es nicht mehr. Aber viele neue. Und vielleicht auch neue Möglichkeiten für die Künstlerin.

Vielfalt in Ausstellung

Die Osterausstellung der Oldenburger Künstlergruppe (OKG) findet vom 7. bis 10. April in der Mensa der Oberschule Ofenerdiek, Lagerstraße 32, statt. Sie zeigt neue Vielfalt. Erstmals ist auch die Bildhauerei in der Ausstellung vertreten, die am 7. April um 11 Uhr eröffnet wird. Es spricht dann der Kunstvermittler und Autor Dirk Meyer.

Geöffnet ist die Ausstellung am Karfreitag, 7. April, von 11 bis 18 Uhr; am Sonnabend, 8. April, von 14 bis 18 Uhr; Ostersonntag, 9. April, von 11 bis 18 Uhr; Ostermontag, 10. April, von 11 bis 17 Uhr. Der Eintritt ist frei.

16 Mitglieder der Oldenburger Künstlergruppe nehmen an der Osterausstellung teil. Eine neue Website ist in Vorbereitung.

In der Künstlergruppe hat sich im vergangenen Jahr viel getan. Neben sechs neuen Mitgliedern im Verein (darunter eine Bildhauerin und ein Bildhauer, sowie internationale Malerinnen) hatten einige Mitglieder im Rathaus Hatten ausgestellt. Zudem wird die Gruppe an der Aktion „Raum auf Zeit“ in der Oldenburger Haarenstraße teilnehmen. Dort werden sich einige Mitglieder im Juni 2023 präsentieren.


 

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