Oldenburger Bernd Mansholt lernt in Japan das Schmieden der Hamon-Linie

Artikel vom 12.05.2023

Tonia Hysky

Der Oldenburger Goldschmied Bernd Mansholt (rechts) schaut sich mit Nobuya Hayashi die fertigen Klingen an. Bild: Bernd Mansholt

Die Hamon-Linie bezeichnet die sichtbare Zone auf einer Messerklinge zwischen hartem und weichem Stahl. Dafür bedarf es einer bestimmten Technik und feinem Gefühl - Bernd Mansholt hat sich in Japan auf die Suche gemacht.

Oldenburg - Stolz hält Bernd Mansholt das Messer in den Händen, schaut es sich von allen Seiten an. „Ein Meisterstück“, sagt der Oldenburger Goldschmied mit glänzenden Augen. Die Klinge aus Carbonstahl, der Griff aus Ebenholz, verziert mit Silber und Brillanten. „Ein Handschmeichler und Präzisionswerkzeug.“ Aber nicht nur aufgrund der Materialien ist das Messer etwas Besonderes – es ist auch das Ende einer langen Suche nach etwas ganz Speziellem: der Hamon-Linie. „Gefunden“ hat sie Bernd Mansholt im fernen Japan.

Schmieden in Perfektion

Mit dem Messerbau selbst beschäftigt sich der 58-Jährige schon seit über 15 Jahren. Was als Hobby begann, betreibt der Oldenburger heute parallel und professionell in der Goldschmiedewerkstatt. Aber vollständig zufrieden war der Perfektionist nicht. Stets kam er an Punkte, die es noch zu optimieren galt. An erster Stelle dabei: Das Wissen um die Erzeugung einer sogenannten Hamon-Linie. So bezeichnet man die sichtbare Härte-Zone auf der Klinge zwischen dem Übergang von flexiblem, weichen Stahl und hartem, spröden Stahl.

Das Problem sei nämlich, sagt Mansholt und deutet mit dem Finger auf die Musterung der Klinge, dass harter Stahl unflexibel sei und daher breche. Ist der Stahl aber weich und flexibel, wird das Messer schnell stumpf. Die Lösung: Oben wird der Stahl flexibel gestaltet, unten hart und somit lange schnitthaltig. Das bedarf allerdings einer bestimmten Technik und eines feinen Gefühls für den richtigen Zeitpunkt.

Traditionelle Werkstatt am Shimanto-Fluss

Die Reise zum Erlernen dieser speziellen Technik hat Bernd Mansholt in den Südwesten Japans geführt. Am malerischen Shimanto-Fluss war der Oldenburger kürzlich Gast in der traditionellen Schmiedewerkstatt des Japaners Nobuya Hayashi. „Mich hat die traditionelle Arbeit sehr interessiert – ich wollte das Gesamtbild verstehen“, erzählt Mansholt, der durch einen Bericht eines Reisebloggers auf die Werkstatt aufmerksam geworden ist.

Die Klingen trocknen über der Glut, nachdem die Lehmmischung aufgetragen wurde. Gut zu sehen ist schon die Form der Hamon-Linie. (Foto: Bernd Mansholt)

Nobuya Hayashi, der seine Techniken in Kursen an Wissbegierige weitergibt, stellt den Stahl für die Werkstücke noch selbst her mit erzhaltigem Sand direkt aus dem Shimanto-Fluss. Die fertig geschmiedete aber noch nicht gehärtete Klinge wird mit einem Gemisch aus Lehm, Aluminiumoxid, Holzkohlenstaub und Wasser partiell bedeckt. Um die Hamon-Linie zu erhalten, streicht der Schmied nun mit dem Finger wellenartig die Lehm-Mischung vom Stahl. Das sei wie ein Fingerabdruck des Schmieds, sagt Mansholt. Jeder habe da seine individuelle Handschrift.

Klinge wird mit Lehmgemisch bedeckt

Nach dem Trocknen wird der bedeckte Messerstahl im Kohlenfeuer bis zur Rotglut erhitzt. In der Schmiede ist es während des Schmiede-Vorgangs dunkel – denn so lässt sich die Farbe des Stahls am besten erkennen, die die Temperatur des Werkstücks anzeigt. Hat der Stahl die richtige Temperatur, wird die Klinge im temperierten Wasser abgeschreckt. Dabei blubbert und zischt das Wasser um die heiße Klinge – genannt wird das Leidenfrost-Effekt.

Dabei muss der Schmied den Punkt fühlen, wann er das Messer aus dem Wasser zieht. „Man kann es nicht messen oder sehen – man spürt es in der Hand, wann es aufhört zu blubbern“, sagt Bernd Mansholt. Zieht man das Messer aus dem Wasser, kommt der Moment der Wahrheit: Entweder die Klinge hält, oder sie bricht.

Der Oldenburger Goldschmied Bernd Mansholt (rechts) und Schmied Nobuya Hayashi begutachten ihre Arbeit. (Foto: Mansholt)

Mit Gravuren geschmückt

Auf der Rückreise in die Heimat hatte Bernd Mansholt einige rohe Messerklingen im Gepäck, die nun in seiner Goldschmiedewerkstatt vollendet werden. Dazu gehört ein traditioneller japanischer Griff, der mit Gravuren und Goldschmiedearbeiten mit Motiven der Reise verziert wird. Zwischen 35 und 45 Stunden arbeitet Bernd Mansholt an Messer und dazugehöriger Aufbewahrungsbox.

Und auch, wenn Bernd Mansholt nicht ganz so viel vom Land selbst gesehen hat, Japan hat ihn dennoch nachhaltig beeindruckt: „Ich fühlte mich hier wie zu Hause“, schwärmt er. Auf jeden Fall möchte der Oldenburger noch mal wiederkommen – dann aber will er seiner Familie das schöne Land zeigen.

Das fertige Messer samt verziertem Ebenholzgriff. (Foto: Bernd Mansholt)


 

Blaulicht-Ticker

Weitere interessante Artikel

IHK übt massive Kritik an Oldenburger Verkehrsplänen

Unter dem Namen „Mobilitätsplan“ hat die Stadt Oldenburg ein Papier vorgelegt, dass für Diskussionen sorgt. Die IHK äußert massive Kritik, auch an mangelhafter ...

Orthopädisch Unfallchirurgisches Zentrum Ganderkesee: Aus MVZ Ganderkesee wird OUZ Ganderkesee

Anzeige

Warum das Landesturnfest auf der Kippe stand

Seit Jahrzehnten besucht Lutz Alefsen Turnfeste. Das in Oldenburg sei ganz besonders, sagt der Vize-Präsident des Turner-Bundes. Nicht nur, weil das Fest für den Ammerländer ein ...

So stark senkt EWE zum 1. Juli Preise für Strom und Gas

Die EWE senkt zum 1. Juli ihren Strom- und Gaspreis in der Grundversorgung. Rund 315.000 Strom- und 165.000 Gaskunden des Oldenburger Energiekonzerns profitieren. Diese Schritte sind vorgesehen. Auf ...

Malerin aus dem Irak sorgt für neue Töne in Oldenburg

Im Irak wurden ihre Bilder vom IS verbrannt. Seit zwei Jahren lebt Luisa Shabi mit ihrer Familie in Oldenburg. Sie hat neue Bilder gemalt. Diese sind in der Osterausstellung in Ofenerdiek zu ...

Claudia Vogt - Praxis für Physiotherapie Oldenburg: Gesundheit durch Training fördern - Kleiner Aufwand, große Wirkung

Anzeige

„An ein Gefühl der Jugendlichen andocken“

Das Oldenburger Projekt BODIG zur digitalen Berufsorientierung ist nach 18 Monaten zu Ende gegangen. Bei einer Abschlussveranstaltung im PFL wurde ein Fazit gezogen. Eine Möglichkeit zur ...

„Erinnerung aufrechterhalten, um zu lernen“

In Oldenburg erzählte der NS-Zeitzeuge und Holocaustüberlebende Tswi Herschel seine Lebensgeschichte. Bei einem von der Polizei organisierten Vortrag mahnte er zur historischen ...

Politik streitet hitzig über höhere Parkgebühren in Oldenburg

Emotionsgeladen wie ein Fußballspiel, mitunter gespickt mit verbalen Unsportlichkeiten: Das war der Verkehrsausschuss am Montagabend. Das Thema: Die Parkgebühren in Oldenburg. Ein ...

Ihr Möbelhaus und Küchenstudio mit der ganz persönlichen Note im Herzen von Wardenburg.: Das Wohnparadis in Wardenburg ist Ihr Ansprechpartner wenn es um individuelles Wohnen geht!

Anzeige

Die Bruchstücke seines Lebens ergeben das Album „Musaik“

Der Oldenburger Rapper „Stylez Tyson“ hat sein neues Album „Musaik“ herausgegeben. Im gleichnamigen Titelsong gibt der 34-Jährige tiefe Einblicke in sein Leben. Alles ...

Politik will Begrüßungsgeld für junge Neu-Oldenburger verdoppeln

Studenten, die sich mit ihrem Hauptwohnsitz in Oldenburg anmelden, können Begrüßungsgeld beantragen. Bald soll es mehr geben und weitere Gruppen sollen davon profitieren. Den ...

RTL soll Högel-Interview entfernen

Die Mediengruppe RTL soll die umstrittenen Interview-Passagen mit Pflegemörder Niels Högel in der Doku „Der Todespfleger“ entfernen. Das hat die Medienaufsicht nach langer ...

Wyen-Hohnholt Immobilien Hatten: Immobilien sind Vertrauenssache: Wyen-Hohnholt Immobilien

Anzeige

Fähre als Ersatz für Huntebrücke in Oldenburg nicht in Sicht

Der Abriss der Huntebrücke in Oldenburg soll 2023 beginnen. Damit fällt auch eine Verbindung für Fußgänger und Radfahrer weg. Was ist aus der Idee geworden, per Fähre ...