So will der neue Pflegedirektor Beschäftigte gewinnen und halten
Artikel vom 28.08.2023

Andreas Fischer (48) ist der neue Pflegedirektor am Oldenburger Klinikum. Ihm sind 1300 Mitarbeiter der Pflege unterstellt. Er spricht über die schwierige Lage in der Pflege und positive Entwicklungen. Bild: Anja Biewald
Andreas Fischer ist der neue Pflegedirektor am Oldenburger Klinikum und verantwortlich für 1300 Mitarbeiter. Eine seiner wichtigsten Aufgaben wird sein, Fachkräfte zu gewinnen. Wo er ansetzen will
Oldenburg - Die Bilder mit den Wahrzeichen dreier Städte an der Wand seines ansonsten recht nüchternen Büros spiegeln die drei entscheidenden Arbeitsorte seines Lebens wider: Wuppertal, Düsseldorf und jetzt Oldenburg. „Mo(e)in Klinikum“ steht auf dem Kaffeepott neben Tastatur und zwei Handys. Er trinkt ihn schwarz und reichlich davon. Das Teetrinken wird er sich auch als Neu-Oldenburger nicht angewöhnen. Ans „Moin“ als Allzeit-Gruß hingegen schon: „Kannte ich nicht, aber finde ich gut“, sagt Andreas Fischer. Er ist der neue Pflegedirektor des Klinikums und seit Anfang August auf Tuchfühlung mit Stadt und Personal.
Nähe zur Basis
Für 1300 Beschäftigte in der Pflege ist Andreas Fischer in seiner Position verantwortlich. Er hat die Ärmel seines hellblauen Hemdes aufgekrempelt, Wetter und Aufgaben erfordern es. Für die Pflege sind es schwierige Zeiten. Wirtschaftlich muss Andreas Fischer arbeiten, Fachkräfte und Hilfskräfte auf einem leergefegten Arbeitsmarkt gewinnen und halten. „Ich will wissen, was der Mitarbeiter sich wünscht“, so der 48-Jährige, der von sich sagt, den Kontakt zur Basis nicht verloren zu haben: „Ich führe nicht vom Elfenbeinturm aus. Von mir gibt es ein klares ,Ja’ zur Basis, Nähe ist mir ein echtes Anliegen. Ich habe selbst lange genug an der Basis gearbeitet.“
„Unwürdige Bedingungen“
Als er selbst noch auf den Stationen gearbeitet hat, „habe ich mir oft gewünscht, dass der Chef mal guckt“, sagt der gebürtige Sachse: „Ich will diesen persönlichen Eindruck haben.“ Er will sich blicken lassen im Klinikum, ins Gespräch kommen.
Dass die Belegschaft – wie zuletzt bei den Kundgebungen im Laufe der Tarifverhandlungen –, nicht nur nach mehr Geld, sondern auch nach mehr Personal und dadurch besseren Arbeitsbedingungen ruft, ist Andreas Fischer natürlich bekannt: „Es geht um Entlastung. In der Pflege wurde aufgrund falscher Entscheidungen jahrelang Personal abgebaut, jetzt haben wir den Fachkräftemangel. Wir können nicht alle Betten belegen, uns nicht voll entfalten. Die Pflege arbeitet teils unter unwürdigen Bedingungen. Da schließe ich mich den Forderungen vollumfänglich an.“
Die Herausforderung liege darin, die Stationen quantitativ und qualitativ ausreichend gut mit Personal auszustatten: „Dabei geht es auch darum, alternative Berufsgruppen zur Unterstützung des Pflegepersonals einzuflechten. Wir brauchen einen Qualifikationsmix.“
Gute Nachwuchswerbung
Genauer hingucken will Fischer im Klinikum bei denen, die das Haus verlassen – vor allem bei Mitarbeitern, die lange an Bord waren: „Was können wir anders machen, um Leute zu halten? Wir müssen uns für die Gründe interessieren, warum jemand geht.“ Denn zu halten sei das Personal nicht über monetäre Anreize, sondern durch Zufriedenheit.
In seinen ersten Wochen im Klinikum habe er viel gesehen, was ihm gut gefalle. Die Ausbildungskoordination mit eigener Stelle sei so ein Beispiel: Potenzieller Fachkräftenachwuchs, der über ein Freiwilliges Soziales Jahr an die Pflege herangeführt werde, von anderen Aufgaben freigestellte Praxisanleiter für die Auszubildenden, Trainee-Programm, um eventuelle Defizite in der Praxis nach der Ausbildung auszumerzen, gute Kontakte zur Pflegeschule. Und: „Das internationale Recruiting läuft hervorragend, nicht nur bei der fachlichen Integration, sondern auch der sozialen. Das habe ich so noch nicht gesehen.“
Arbeiten will Fischer an der internen Kommunikation: „Da müssen wir transparent sein. Die Mitarbeiter müssen verstehen, warum etwas gemacht wird.“
Andreas Fischer hat in der Pflege sämtliche Hierarchien durchlaufen. Seine Ausbildung als examinierter Gesundheits- und Krankenpfleger absolvierte Fischer am Bethesda Krankenhaus in Wuppertal, wo er von 1997 bis 2006 auf der Station für Neurochirurgie und später in der Notaufnahme tätig war. Danach übernahm er an diesem Krankenhaus seine erste leitende Position in der Pflege für die interdisziplinäre Notaufnahme und Terminambulanz. Ab 2015 wirkte er dort zunächst als Pflegebereichsleiter, kommissarischer Pflegedienstleiter und von 2016 bis 2020 als Pflegedienstleiter.
Zuletzt war er als pflegerischer Leiter im Bereich operative Medizin am Universitätsklinikum Düsseldorf tätig und hatte dort 1300 Pflegekräfte und 55 Stationsleitungen unter sich. Auch in Oldenburg sind es 1300 Pflegekräfte, für die der 48-Jährige am Klinikum verantwortlich ist. Fürs Klinikum habe er sich aufgrund der Position als Pflegedirektor, mit der Selbstbestimmtheit einhergeht, und der Zukunftsvision entschieden. Fischer hat ein Studium in Pflegemanagement abgeschlossen und macht gerade seinen Abschluss im Masterstudium im Bereich Arbeits- und Organisationspsychologie an der Bergischen Universität Wuppertal.
In seiner Freizeit fährt Andreas Fischer gerne Rad: Damit erkundet er aktuell seine neue Stadt und Oldenburgs Umland. Dem 48-Jährigen gefällt Oldenburg, sein erstes Ols hat er schon getrunken und gemütlich mit seiner Frau am Hafen gesessen. Sie will im Winter nachkommen und ebenfalls nach Oldenburg ziehen, dann endet die Pendelei an den Wochenenden zwischen Oldenburg und dem derzeitigen Wohnort Wuppertal.
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