Zwölf Jahre Erfahrung in Oldenburg: Effekte da – aber eher begrenzt
Artikel vom 06.07.2023

Niedlich, aber ein tierisches Problem: Im Oldenburger Tierheim warten immer noch viele junge Katzen auf ein neues Zuhause.
Bild: Tierheim Oldenburg
Niedersachsenweit wird die Kastrationspflicht für freilaufende Katzen eingeführt. In Oldenburg gibt es sie bereits seit zwölf Jahren. Was hat sie gebracht? Tierschützer und Stadtverwaltung antworten.
Oldenburg - Das sogenannte Paderborner Modell machte 2008 den Anfang, die Stadt Oldenburg führte im Jahr 2011 per Verordnung die Kastrations- und Kennzeichnungspflicht für freilaufende Katzen (männlich wie weiblich) ein. Viele weitere Kommunen folgten. Und jetzt wird in Niedersachsen eine landesweite Katzenschutzverordnung erarbeitet. Bringt die eigentlich was?
Welche Erfahrung hat man in zwölf Jahren in Oldenburg gemacht? Das wollte diese Redaktion vom Tierheim, von den Vereinen Katzenhilfe Oldenburg und S.O.S. Samtpfoten Nordwest sowie der Stadt Oldenburg wissen. Vorsichtig positiv fällt die Bewertung der Tierschützer aus.
Minimale Veränderung
Das Tierheim berichtet von einem eher begrenzten Effekt: „Im Stadtgebiet Oldenburg haben wir einen Anstieg von knapp 50 Prozent auf etwa 70 Prozent der Tiere, die kastriert und gekennzeichnet im Tierheim landen, festgestellt. Dabei handelt es sich natürlich ausschließlich um adulte Tiere.“ Im ländlichen Bereich hingegen sei der Anstieg kaum spürbar. Weder auf die Population freilebender Katzen noch auf die sogenannten „Bauernhofkatzen“ habe die Kastrationspflicht einen Einfluss. Letzteres bestätigt Helga Dirks von der Katzenhilfe Oldenburg. Und sie sagt, dass sich mit Einführung der Kastrations-/Kennzeichnungspflicht in Oldenburg und Umlandgemeinden die Anzahl der Fundtiere „mengenmäßig leider nur minimal verändert hat“. Die Anzahl der ausgesetzten Tiere sei in diesem Jahr stark angestiegen, so Dirks zum aktuellen Stand. Trotz intensiver Suche in den gängigen Medien ließen sich nur in ganz seltenen Fällen Halter ermitteln, da die meisten Tiere nicht kastriert bzw. gekennzeichnet seien. „Bedingt dadurch gibt es auch wenig Möglichkeiten, Halter, die ihre Tiere nicht kastrieren lassen, zur Verantwortung zu ziehen. Es sind leider nur wenige Zufälle, die die Möglichkeit geben, die Halter bei dem entsprechenden Ordnungsamt zu melden.“
„Es gibt keine nennenswerten Zahlen dazu“, bestätigt Juliane Goldbeck vom Pressebüro der Stadt Oldenburg. Würden dem Ordnungsamt Verstöße gemeldet (Anm. der Redaktion: Die können mit einer Geldbuße bis zu 5000 Euro geahndet werden), würde man diesen Hinweisen nachgehen, so Goldbeck. Hinweise gebe es aber selten.
Klarere Rechtslage
Ein Vorteil der Verordnung sei die klarere Rechtslage, heißt es vom Tierheim: „Ein Tier, das nicht gekennzeichnet ist und im Tierheim landet, darf sofort kastriert werden, ohne die dreiwöchige Fund-Regel abzuwarten. Das gilt auch für Fangaktionen. Zusätzlich ermöglicht es uns, im Online-Handel, der oft hobbymäßig betrieben wird, einzuschreiten, aufzuklären oder Anzeigen zu erstatten.“
Franka Thun, Vorsitzende von S.O.S. Samtpfoten Nordwest, bestätigt: „Mit der Kastrationspflicht können wir verantwortungslose Katzenhalter anzeigen und sind bei Fangaktionen von vermeintlich wild lebenden Katzen rechtlich geschützt, sollte sich im Nachhinein herausstellen, dass die Katze zwar einen Halter, aber keine Kennzeichnung hatte.“
Durch die unerbittliche Kastrationsarbeit vieler Tierschutzvereine in und um Oldenburg sei in den vergangenen zwölf Jahren viel Leid verhindert worden, betont Thun: „Hätten wir das Gesetz nicht im Hintergrund gehabt, würde es wahrscheinlich noch weitaus mehr Katzen in und um Oldenburg geben, die täglich um ihr Überleben kämpfen.“
Leid verhindern
Helga Dirks sagt: „Sicherlich begrüßen wir als Tierschützer die grundsätzliche Einführung der Kastrations-/Kennzeichnungspflicht in Niedersachsen. Ob dass allerdings dazu führt, dass sich die ,Mengen’ der zu versorgenden Tiere ändert, bleibt abzuwarten, da die Umsetzung nach wie vor sehr schwierig ist.“
Vom Tierheim heißt es: „Da sich Katzen nicht an Stadtgrenzen halten, freuen wir uns sehr über eine landesweite Verordnung und hoffen darauf, dass der Bund nachzieht. Denn jede Kastration verhindert Leid und entlastet die Tierheime, das steht fest.“
Weitere interessante Artikel