180 Absagen – Zweifache Mutter sucht verzweifelt eine Wohnung

Artikel vom 16.08.2023

Aike Sebastian Ruhr

Melissa Janßen ist zweifache Mutter und lebt, weil sie keine Wohnung findet, seit Jahren wieder in ihrem Jugendzimmer in Dornum. Die Situation ist für sie und ihre Familie mehr als angespannt. Bild: Aike Sebastian Ruhr

Melissa Janßen aus Dornum sucht seit mittlerweile 3,5 Jahren verzweifelt eine Wohnung – aus der Not heraus zog sie zurück in ihr Jugendzimmer. Die Situation ist aus mehreren Gründen extrem schwierig.

Dornum/Hage/Aurich - Melissa Janßen hat bisher eigenen Angaben zufolge rund 180 Absagen von potenziellen Vermietern erhalten: Seit dreieinhalb Jahren sucht die zweifache Mutter eine Wohnung, doch bislang ohne Erfolg. Aus der Not heraus zog sie wieder zu ihren Eltern, lebt mit einem der Kinder in ihrem ehemaligen Jugendzimmer: „Die Situation ist echt angespannt und nicht einfach. Wir brauchen dringend eine Wohnung“, so Janßen. Unter der Situation leidet nämlich nicht nur Janßen und ihre eigene Familie, sondern auch die Beziehung zu ihrem Freund, mit dem sie ein gemeinsames Kind hat. Seit Monaten sehen sich die beiden nur am Wochenende, weil die Wohnung des Freundes auch zu klein für alle vier wäre: „Wir wollten uns schon mal trennen deshalb. Es ist zum Verzweifeln.“

Inserat nicht mehr verfügbar

Dabei hat Janßen keine besonders hohen Ansprüche, wie sie sagt. Zurzeit bezieht sie Bürgergeld, würde sich deshalb auch mit dem, was das Amt ihr vorgibt, zufriedengeben. Nur eins will sie partout nicht: Eine Blockwohnung: „Da habe ich schon mal schlechte Erfahrungen gemacht“, sagt sie. Doch andere Wohnungen im Preissegment bis 760 Euro Warmmiete (laut Vorgabe des Sachbearbeiters) finden sich nur selten, und wenn sind diese sehr begehrt: „Ich kriege in 3 von 4 Fällen nicht mal eine Antwort. Die Wohnungen sind dann einfach irgendwann nicht mehr online.“

Gehalt reicht kaum aus

Und selbst die Möglichkeit, gemeinsam mit ihrem Freund und den Kindern in eine neue Wohnung zu ziehen, ist keine wirkliche Option: „Wir könnten dann zwar so bis 900 Euro Miete zahlen, aber mehr geht auch nicht wegen des Gehalts meines Freundes. Und selbst da finden wir keine Wohnungen – beziehungsweise bekommen nur Absagen“, so Janßen.

Wie sollen Jugendliche einmal den Auszug schaffen?

Dass der Wohnungsmarkt hart umkämpft ist und es für viele Mieter schwierig ist, geeigneten Wohnraum zu finden, kann auch der Mieterverein Ostfriesland bestätigen: „Dafür sind wir ja eigentlich nicht zuständig, aber wir hören das schon häufiger, wenn es um Kündigungen wegen Eigenbedarfs geht, dass die Suche extrem schwierig ist“, so die zweite Vorsitzende Tanja Gerdes. Besonders „irre“, findet sie, wie sie sagt, wie viele Such-Inserate nach Wohnungen es gibt: „Der Markt ist so dermaßen angespannt, das ist Wahnsinn.“ In den letzten Jahren sei die Wohnungsmarktsituation deutlich schwieriger geworden. Das liegt laut Gerdes auch daran, dass die Zahl der Zugezogenen zugenommen hat: „Diese Wohnungen stünden ja sonst Ostfriesen zur Verfügung. Das ist echt ein Problem.“ Gerade für die heutigen Jugendlichen sieht sie düstere Zeiten: „Wie sollen die denn den Auszug schaffen? Die horrenden Mieten von Ausbildungsgehalt zahlen oder wie? Das geht doch alles nicht.“

200 bis 300 Bewerbungen pro Inserat

Der Schriftführer des Vermietervereins Ostfriesland, Klaus-Dieter Pockrandt, kennt die Vermieterseite – und kann bestätigen, dass die Resonanz auf Inserate „riesig“ ist: „Wenn bei eBay was drin ist, kommen da schon 200 bis 300 Bewerbungen.“ Vermieter würden sich dann natürlich die aus ihrer Sicht geeignetsten Kandidaten aussuchen. Er selbst habe nie Probleme mit Sozialhilfe-Empfängern gehabt: „Das ist absolut sicheres Geld“, so Pockrandt. Doch das sehen offenbar eben nicht alle so – und die Suche für Janßen und ihre Familie geht weiter.


 

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