Jugendhaus Norden – Zwei Jahre Bauarbeiten und Corona
Artikel vom 09.09.2022

Alt vs. Neu: Das Jugendhaus Norden ist in den vergangenen zwei Jahren aus- und umgebaut worden. Einrichtungsleiter André Janssen berichtet nun über die schwierige Arbeit in dieser Zeit. Bild: Arne Haschen
Erst kam der Corona-Lockdown, dann die Baustelle: Das Jugendhaus Norden hat zwei schwierige Jahre hinter sich. Zum Ende der Sanierungsarbeiten berichtet Leiter André Janssen über Jugendarbeit mit Erschwernissen.
Für das Jugendhaus Norden waren die vergangenen zwei Jahre alles andere als einfach: Genau wie alle anderen Vereine und öffentliche Einrichtungen musste das Haus von einem Tag auf den anderen schließen, als der erste Lockdown kam – und gleichzeitig standen die im Vorjahr beschlossen Sanierungs- und Umbauarbeiten für eine Million Euro auf den Plan. Raum für Jugendliche gab es dort deshalb aus mehreren Gründen eine ganze Zeit nicht oder nur sehr eingeschränkt.
Leiter André Janssen berichtet jetzt darüber, wie die Arbeit mit jungen Menschen in Norden trotzdem funktioniert hat. Denn viele Jugendliche waren und sind besonders jetzt auf die sozialen und pädagogischen Angebote angewiesen, weil sie diese nirgendwo sonst bekommen. Mit dem Ende der Bauarbeiten und den derzeitigen Corona-Lockerungen blickt Janssen zudem auf die künftig möglichen Angebote, die es im neuen und größeren Jugendhaus geben soll.
Offene Jugendarbeit
„Offene Kinder- und Jugendarbeit leistet grundsätzlich einen wichtigen und wesentlichen Beitrag zur Aufrechterhaltung der sozialen Infrastruktur in ihren Kommunen“, erklärt der Leiter. Dabei begleite man Kinder und Jugendliche in die Selbstständigkeit und ins Erwachsenenalter – wozu das Aufbauen von Selbstwert, Identifikation mit der Gesellschaft und Aufklärung gehören. Dabei grenze sich diese Arbeit bewusst von schulischen Formen ab, bevorzugt in offenen Räumen für Jugendliche, ohne Zwang und Kontrolle. Das werde in Norden seit nunmehr 45 Jahren gemacht, so Jannsen.
Große Nachfrage
Die Nachfrage nach dieser Form der Jugendarbeit war in Norden vor Corona groß, blickt der Leiter auf die Flüchtlingskrise von 2015 zurück: ?„Von einem Tag auf den anderen hatten wir circa 45 zusätzliche Besucher pro Tag zu verzeichnen, die weder Deutsch sprechen noch mit dem Konzept der offenen Jugendarbeit etwas anfangen konnten. Glücklicherweise war das Jugendhaus schon zum damaligen Zeitpunkt gut mit Jugendlichen aufgestellt, die mehrsprachig aufgewachsen waren und die uns bei den Übersetzungen und Erklärungsversuchen helfen konnten.“
Bis heute bekomme die Einrichtung positive Rückmeldungen allein aus dieser Zeit. Kochen und Backen, gemeinsame Ausfahren, Konzerte oder einfach ein Freizeit-Treff fielen dann aber mit Pandemiebeginn komplett aus.
Ein Fallbeispiel
Corona hatte zudem auch Auswirkungen auf das, was sozialpädagogisch bei Jugendlichen gefordert war. „Wir merkten, dass die Einzelfallhilfe weiterhin stark von den Jugendlichen eingefordert wurde, also entschieden wir uns für die Zeiten der Pandemie sowie des Umbaus, eine Hybridversion des Jugendhauses anzubieten“, erklärt Janssen – mit speziellen Einzelfall-Hilfsstunden in der Einrichtung. Im Haus selbst sei das klassisch die Hilfe bei Liebeskummer oder Trauerbewältigung, Hilfe beim Ausfüllen von Anträgen oder der Bewerbung.
Das Fallbeispiel eines 20-Jährigen mit Fluchthintergrund, das der Einrichtungsleiter stellvertretend beschreibt, geht dabei auf die Schwierigkeiten ein, die viele junge Erwachsene mit dem pandemiebedingten Remote-Lernen haben. „In langen Gesprächen halfen wir, die Herausforderungen in kleinere Pakete zu bündeln. Was ist meine Perspektive, und was möchte ich machen?“ Durch eine Stelle im Bundesfreiwilligendienst wurde für den jungen Mann zuerst ein Jahr Zeit „gewonnen“, dann der Status als Geflüchteter offiziell anerkannt. Ernüchterung stellte sich ein, als 45 Bewerbungen erfolglos blieben – die Überredung, neben dem Fachabitur noch ein allgemeines Abitur zu versuchen, half dann: „Nun wird er ab Oktober in der Nähe von Göttingen bei seinen Eltern ein Studium aufnehmen“, weiß Janssen zu berichten.
Was künftig passiert
Mit der Vollendung der Sanierungsarbeiten im eigenen Haus freut er sich, künftig wieder Konzerte und Veranstaltungen anbieten zu können, ohne auf kreative Lösungen zurückgreifen zu müssen. „Wir haben ein Haus, welches für Jugendarbeit gebaut wurde.“ Durch große Türen und flache Böden sei man jetzt barrierefrei, neue Technik und Regie erlaubten zudem, Lautstärken besser als früher zu steuern. Janssen: „Auch in Hinblick auf Filmabende, die sich nicht erst seit der Schließung des Kinos in Norden an großer Beliebtheit erfreuen, sind wir nun professionell aufgestellt.“ Der neue AG-Raum biete weiterhin Platz für kreative Angebote oder vertrauliche Zweiergespräche. Durch den Ausbau mithilfe von Landesfördermitteln „ist die Jugendarbeit im Stadtgebiet nach modernen Standards sichergestellt und überhaupt erst wieder ermöglicht worden.“
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