„Wirke wie ein Storch im Salat“
Artikel vom 10.02.2022

Ein Seeadler an der Rüstung: Justus Marterer (links) 2019 in einem Duell mit den Bremerhaven Seahawks. Bild: Dittrich
Nach fünf Jahren verlässt Quarterback Justus Marterer American-Football-Regionalligist Oldenburg Knights. Im Interview spricht der 24-Jährige über die Zeit bei den Rittern, deren GFL2-Reife, einen ungeliebten Chefcoach und den „Super Bowl“.
Frage: Herr Marterer, wie kam es eigentlich dazu, dass Sie vor fünf Jahren in die Ritterrüstung gestiegen sind?
Justus Marterer (24): Ich bin damals zum Studium nach Vechta gegangen und wollte auch weiter Football spielen. Da waren die Knights in der Region sportlich am attraktivsten, zumal dort mit Felix Vollmer und Felix Hellinger schon zwei frühere Mitspieler aus Buxtehude spielten.
Frage: Wie waren Ihre ersten Jahre in Oldenburg?
Marterer: Sportlich gesehen sch… – aber insgesamt gesehen haben die Knights mit dem Gang an den Marschweg in dieser Zeit einen großen Schritt nach vorn getan. Die Stimmung ist sehr gut. In der Liga gilt das Marschwegstadion als echtes Schmuckkästchen. Auch im Umfeld wurde es immer professioneller.
Frage: Sie sind Ende 2016 gekommen, gab es Momente, wo ein Weggang im Raum stand?
Marterer: Als ich nicht mehr Starter war, kamen schon Gedanken auf. Unter Coach Mathias Bonner hat es einfach keinen Spaß mehr gemacht, das hat sich auch in meiner Leistung niedergeschlagen.
Frage: Bonner musste im Sommer 2018 nach nur einem halben Jahr wieder gehen. Holger Völling führte das Team dann zum Klassenerhalt.
Marterer: Da lief es bei mir – aber auch bei Ray Tiller – auf einmal wieder richtig gut. Wir haben dann ja auch eine Siegesserie gestartet. Seitdem ging es ja überhaupt mit den Knights nur noch aufwärts, und mit Robert Schulz als Offense Coordinator hat es auch wieder mehr Spaß gemacht.
Frage: Ihre Leistungsentwicklung verlief parallel mit der des Teams. Nach dem Trainerwechsel stand ein ganz anderer Justus Marterer auf dem Feld.
Marterer: Der Trainer ist schon sehr wichtig für mich – auch das Vertrauen des Trainers und der Mannschaft zu spüren. Das war bei Bonner nicht der Fall. Schaut man sich Videos von mir vor fünf Jahren an, sieht man große Unterschiede. Ich habe mich deutlich verbessert und kann mich heute viel mehr auf meine Pässe verlassen. Zudem habe ich gelernt, die Defense zu lesen, und bin flexibler im Kopf geworden.
Frage: Mit präzisen Pässen wie eigenen Läufen haben Sie für zahlreiche Touchdowns gesorgt. Was bevorzugen Sie?
Marterer: Eigentlich nehme ich lieber einen Pass für 20 als den Lauf über 10 Yards. Bei Letzterem kommt mir zugute, dass meine Schnelligkeit häufig unterschätzt wird, weil ich beim Laufen wie ein Storch im Salat wirke.
Frage: Fast hätte es ja 2019 dann auch mit dem Aufstieg in die GFL2 geklappt. Was hat Ihrer Meinung nach noch gefehlt?
Marterer: Die entscheidende Frage ist hier: Was wäre geschehen, wenn wir Quarterbacks uns nicht in der entscheidenden Phase der Saison verletzt hätten?
Frage: Auch 2021 waren die Knights nah dran? Nachdem beide Teams ihre Staffel klar gewonnen hatten, war der Aufstiegstraum im Oktober nach einem 13:33 gegen die Hildesheim Invaders im Duell um die Meisterschaft in der Regionalliga Nord ausgeträumt...
Marterer: Wenn man die ganze Saison überlegen spielt, ist es nicht so einfach, wenn man auf einmal auf einen Gegner auf Augenhöhe trifft. Die Invaders haben das einfach besser gelöst.
Frage: Ist Oldenburg reif für die GFL2?
Marterer: Wir haben ein sehr gutes Team, aber es muss schon alles passen, da der Unterschied zwischen zweiter und dritter Liga sehr groß ist. Die Organisation rund ums Team ist auf jeden Fall schon auf Zweitliga-Niveau.
Frage: In eineinhalb Wochen kämpfen Los Angeles Rams und Cincinnati Bengals beim „Super Bowl“ in den USA um die NFL-Meisterschaft. Auf wen tippen Sie?
Marterer: Auf die Rams. So sehr die Bengals in dieser Saison überrascht haben, so sehr glaube ich doch, dass es das etabliertere Team machen wird. Matthew Stafford war schon bei den Detroit Lions ein guter Quarterback, jetzt sieht man bei den Rams, wie gut er mit einem starken Team spielen kann.
Endgültig festgelegt hat sich Justus Marterer nach dem Knights-Abgang noch nicht, aber er tendiert zu einem Engagement bei Zweitligist Hamburg Huskies. „Ich würde gern höherklassig spielen. Die GFL2 sollte drin sein. Es würde einfach mehr Spaß mit Gegnern auf Augenhöhe machen“, sagt der Spielmacher. „Da sie mir mehrmals versichert haben, dass sie keinen Import-Quarterback holen möchten, werden es wohl die Huskies werden“, verrät er und ergänzt: „Da habe ich dann die Chance, auch viel zu spielen – was bei einem Amerikaner, der für Geld geholt wurde, ja nicht unbedingt gegeben ist.“
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