Das steckt hinter der Streitschlichter-Ausbildung am Braker Gymnasium
Artikel vom 08.06.2022

Sie wollen die Konflikte an ihrer Schule lösen: die Streitschlichter des Braker Gymnasiums mit ihrer Ausbilderin und Schulmediatorin Petra Gerdes (hinten rechts) Bild: Lorena Scheuffgen
Schulmediatorin Petra Gerdes bildet jedes Jahr neue Streitschlichter am Braker Gymnasium aus. Für einige Schüler hat das Streitschlichter-Dasein schon im Werdegang und auch privat Früchte getragen.
Konflikte und ihre Ursachen, Kommunikation, das Vier-Seiten-Modell, unterschiedliche Werte, das Eisberg-Modell und viele weitere mediatorische Kenntnisse und Fähigkeiten erlernen Schüler innerhalb der Streitschlichter-Ausbildung am Gymnasium Brake. Petra Gerdes arbeitet seit 2004 als Schulmediatorin an der Schule und bildet seither jährlich neue Streitschlichter aus. Diese stellen sich jedes Jahr bei den neuen Fünftklässlern vor, indem sie eine Konfliktsituation zwischen zwei „Streithähnen“ nachstellen und ihre Rolle als Streitschlichter anhand des imitierten Streits praktisch darstellen.
Von Streithähnen zu Freundinnen
„In der fünften Klasse hatte ich wegen eines Konflikts mit einer Mitschülerin auch ein Gespräch bei den Streitschlichtern. Jetzt sind wir gute Freundinnen“, erinnert sich Mia Fittje an ihre positive Erfahrung mit den Streitschlichtern, wegen der die 14-Jährige jetzt selbst Teil des Teams ist. Die halbjährige Ausbildung können Schüler ausschließlich in der achten Klasse absolvieren. Petra Gerdes bietet sie immer zum ersten Schulhalbjahr in Form einer AG am Montagnachmittag an.
Nach erfolgreicher Absolvierung bekommen die Schüler ein Zertifikat für die Ausbildung. „Ein paar Schüler haben dadurch sogar einen Studienplatz bekommen“, erzählt die Schulmediatorin. Auch Lara Bode hat das Zertifikat für ihren Werdegang bereits geholfen: Die 17-Jährige konnte sich mithilfe der bescheinigten Streitschlichter-Ausbildung gegen andere für einen Praktikumsplatz an der Oberschule Rodenkirchen durchsetzen.
Hilfe zur Selbsthilfe
Die meisten Streitsituationen gebe es bei den Fünft- bis Siebtklässlern. Hierbei handle es sich überwiegend um kleine Kabbeleien und Neckereien, etwa wenn ein Kind dem anderen etwas wegnimmt oder den Fußball wegschießt und sich daraus dann ein größerer Konflikt entwickelt. „Wir setzen uns dann für 30 bis 90 Minuten mit den Streithähnen zusammen. In den meisten Fällen finden wir dann schnell eine Lösung“, schildert die 18-jährige Lena Büsing ihre Erfahrungen. „Wir als Streitschlichter geben die Lösung dabei aber nicht vor, sondern sind als Mediatoren bei dem Gespräch dabei und helfen den Streitenden, selbst eine Lösung zu erarbeiten“, ergänzt die 17-jährige Lara Bode.
Wenn die Schüler das Streitgespräch dann beendet und eine Lösung gefunden haben, treffen sie sich ein bis zwei Wochen später zu einer Nachbesprechung, in der sie prüfen, ob eine Besserung erkennbar und der Konflikt langfristig gelöst ist. Zur Dokumentation halten sie alles in einem Vertrag fest, der anschließend ad acta gelegt wird.
Große Entlastung
Auch für die Lehrkräfte sind die Streitschlichter eine große Entlastung. „Es ist für alle Parteien angenehmer, wenn die Schüler ihre Konflikte unter sich klären können und nicht direkt Lehrkräfte und Eltern mit ins Boot holen werden müssen“, erklärt die Mediatorin, die selbst auch als Lehrerin arbeitet.
Zurzeit zählen rund 30 Schüler zu den Streitschlichtern, von denen jedoch die meisten noch keine Praxiserfahrungen sammeln konnten. „Die letzten zwei Jahre konnte ich zwar 17 Schüler ausbilden, aber durch die Corona-Pandemie und die entsprechende Kohorten-Regelung konnten wir noch nicht richtig mit der Arbeit beginnen“, berichtet Petra Gerdes. „Jetzt, wo die Corona-Regelungen etwas entschärft wurden, wollen wir neu durchstarten“.
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