Katzenfreundin aus Moorriem verzweifelt und sauer
Artikel vom 06.11.2023

Erst niedlich, dann oft überflüssig: Kätzchen. Eine Hauskatze schafft pro Jahr bis zu drei Würfe mit durchschnittlich vier bis fünf Kätzchen, die wiederum nach einem Jahr geschlechtsreif sind. Umso wichtiger: die Kastration. Bild: Pixabay
Sieben unkastrierte Katzen sind Sonja Koopmann in Moorriem binnen eines Jahres zugelaufen. Warum sie sich von der Gemeinde Elsfleth im Stich gelassen fühlt – und was die Verwaltung dazu sagt.
Elsfleth/Wesermarsch - Sonja Koopmann ist sauer und verzweifelt. Sauer, weil sie sich von der Stadt Elsfleth im Stich gelassen fühlt. Verzweifelt, weil sie sieht, wie sich Tierschützer und Ehrenamtliche im Kampf gegen eine Katzenschwemme aufreiben – ohne ein Licht am Tunnelende zu sehen.
Was ist der Grund für Sonja Koopmanns Verzweiflung ?
Im Jahresverlauf sind Sonja Koopmann in Moorriem sieben streunende Katzen zugelaufen, die weder kastriert noch gechippt waren – die also besitzerlose Fundtiere sind. Für fünf Tiere hat die Stadt Elsfleth die Kosten für Kastration und Kennzeichnung übernommen, bei zwei Tieren hingegen lehnte der zuständige Sachbearbeiter die Kostenübernahme ab. Als Begründung hieß es, dass es sich um Wildtiere handele, für die die Stadt nicht zuständig sei. Ein Irrtum insofern, als dass laut Landwirtschaftsministerium alle Katzen – auch die freilebenden „Wilden“ – zu den Hauskatzen zählen. Und damit fallen Fundkatzen in die Zuständigkeit der Kommune.
Fundtier Katze
Straßenkatzen nennt man Vierbeiner, die auf verwilderten Grundstücken oder stillgelegten Höfen leben. Sie sind keine Wildkatzen, sondern gelten als Hauskatzen - und damit sind für ihre Versorgung, Unterbringung und die notwendige tierärztliche Behandlung das Fundbüro der jeweiligen Stadt oder Gemeinde zuständig. Das Landwirtschaftsministerium schreibt dazu: „Grundsätzlich sind aufgefundene Tiere, die üblicherweise vom Menschen gehalten werden – wie Hunde, Katzen, Ziervögel, landwirtschaftliche Nutztiere oder Tiere, die nicht den hier sonst wildlebenden Arten zuzurechnen sind –, als Fundtier einzustufen und zu behandeln.“
Die Kastrationspflicht gilt in der gesamten Wesermarsch. Wer eine Katze besitzt und sie nicht kastrieren lässt, muss mit einem Bußgeld von bis zu 5000 Euro rechnen.
Das Anfüttern von streunenden Katzen sollte unbedingt unterlassen werden. Denn: Wer über eine freilebende Katze regelmäßig füttert, gilt als Katzenhalter und ist damit auch für das Tierwohl zuständig.
Sonja Koopmann wusste zu jenem Zeitpunkt von dieser Gesetzgebung nichts und ließ die zwei verbliebenen Vierbeiner auf eigene Kosten kastrieren, registrieren – und wieder laufen. Denn für eine Unterbringung der freilebenden Katzen konnte die Stadt Elsfleth nicht sorgen – zumal sich diese sehr scheuen Tiere nicht einfach „einsperren“ lassen. Auch Sonja Koopmann versuchte, zumindest einen Kater anderweitig unterzubringen. Vergebens. Tierheime und Pflegestellen sind überfüllt. Erneut fühlte sich die Moorriemerin von der Kommune im Stich gelassen.
Was sagt die Stadt Elsfleth zu der Geschichte ?
Die Stadt Elsfleth wirft einen anderen Blick auf die Geschichte – „auch wenn wir wahrnehmen, dass wir in der Wesermarsch ein Katzenproblem haben“, sagt Thomas Schnare, Leiter vom Fachdienst Ordnung, Jugend und Soziales. Bürgermeisterin Brigitte Fuchs bestätigte Sonja Koopmann schriftlich, „dass wir von hier nicht in jedem Fall, insbesondere bzgl. einer Unterbringung, eine gewünschte und erwartete mustergültige Lösung anbieten können.“ Dennoch sei sich die Stadt aber ihrer Verantwortung bewusst, was sich in den registrierten Fundkatzenfällen widerspiegele: 56 Tiere wurden in 2021 auf Kosten der Stadt kastriert und gechippt; Kostenpunkt: 4300 Euro. 2022 waren es bereits 63 Tiere und 8070 Euro. Und bis zum 31. Oktober 2023 bezahlte die Stadt bereits knapp 12.000 Euro für 79 Tiere – der November und Dezember stehen noch aus. Zum Vergleich: die Stadt Nordenham zahlt jährlich 30.000 Euro für die Versorgung ihrer Fundtiere – was auch daran liegt, dass sich die Stadt ein Tierheim leistet, in dem die Vierbeiner untergebracht werden. Etwas Vergleichbares fehlt in Elsfleth.
Was ist für die Zukunft geplant ?
„Wir werden künftig noch einmal etwa 50 Prozent mehr Mittel für die Versorgung der Katzen einplanen müssen“, sagt Schnare. Bußgelder hingegen wurden bislang nur angedroht: „Wir schreiben die Katzenhalter an und räumen ihnen eine Frist ein, in der sie ihr Tier kastrieren lassen müssen.“ Daran hätten sich bislang alle gehalten. Außerdem zeige die Erfahrung, dass es Menschen gebe, die die Situation ausnutzen, die Katzen zunächst anfüttern und dann auf Kosten der Kommune kastrieren lassen wollen. Diesen Vorwurf weist Sonja Koopmann – Besitzerin einer einzigen Katze, die ausschließlich im Haus lebt – entschieden von sich: „Mir geht es um das Tierwohl. Würden alle Katzenbesitzer ihre Tiere kastrieren lassen, ließe sich viel Elend vermeiden.“ So sind von den sieben Katzen, um die sie sich gekümmert hat, mindestens zwei schon wieder verstorben: die eine überfahren, die andere vermutlich vergiftet. Koopmanns Vorschlag, dass die Stadt die Katzenhaltung inklusive Kastration überprüft, lehnt Bürgermeisterin Fuchs ab: Dafür fehle es an Personal.
Wie schätzt der Tiersuchdienst die Situation ein ?
„Unzufriedenstellend“ - mit diesem Adjektiv fasst Silvia Kerney vom Tiersuchdienst Wesermarsch die Situation zusammen. Seit 13 Jahren engagiert sie sich für den Verein. „Es ist nicht einfacher geworden“, resümiert sie – weder für die Ehrenamtlichen noch für die Gemeinden. Vor allem in den vergangenen zwei Jahren habe sich die Situation zugespitzt. „Das größte Problem sind die unkastrierten Hauskater, die als Freigänger unterwegs sind und die wildlebenden Katzen decken“, erklärt Kerney. Und dagegen würden alle Gemeinden in der Wesermarsch zu wenig tun. „Die Bußgelder müssten sofort verhängt werden“, fordert Silvia Kerney. Schließlich würde jemand, der beim Falschparken erwischt werde, auch nicht verwarnt. Man brauche ein alltagstaugliches Konzept, das langfristig greift: „Sonst sieht es düster aus!“
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