Dorf und Stadt feiern „goldene Hochzeit“
Artikel vom 30.12.2022

Blickten zusammen mit zahlreichen Gästen auf den 50. Jahrestag zurück (v. li.): Josef Schrammel (Bromberg), Zeitzeuge Heinz Ross, OB Carsten Feist, Ortsbürgermeisterin Anja Mandt und Frieslands Landrat Sven Ambrosy Bild: Dirk Gabriel-Jürgens
Seit gut 50 Jahren gehört Sengwarden zur kreisfreien Stadt Wilhelmshaven. Damals gab es viele Ideen und Visionen für den Stadtteil im Norden. Ortsbürgermeisterin Anja Mandt hinterfragte im Zuge des Jubiläums, ob es eine vergebe Chance oder eine Erfolgsgeschichte ist.
Es ist nicht alles Gold was glänzt – ein Sprichwort, das auch auf den Zusammenschluss von Sengwarden und der kreisfreien Stadt Wilhelmshaven vor gut 50 Jahren zutrifft. Am 1. Juli 1972 trat der Grenzänderungsvertrag in Kraft. „Ist es eine Erfolgsgeschichte oder eine vergebene Chance?“, hinterfragte Ortsbürgermeisterin Anja Mandt am Freitagabend im Dorfgemeinschaftshaus, wo das Jubiläum im Zuge eines kleinen Festaktes gefeiert wurde.
Sie verglicht den Grenzänderungsvertrag mit dem einer Ehe – Sengwarden als Braut, die vom Bräutigam Wilhelmshaven für das Ja-Wort unter anderem eine Schule und eine Sporthalle erhielt sowie eine Verwaltungsstelle, die allerdings vor gut sechs Jahren wieder geschlossen wurde. Und dann bleiben noch Ideen und Visionen im Raum stehen, wie jene, im Dorf die Industrie anzusiedeln – doch bisher ist wenig passiert.
Noch immer Defizite
Oberbürgermeister Carsten Feist nahm den Ball der Ehe auf und räumte ein, dass Sengwarden um seine Stellung als „umgarnte Braut“ wusste und sicher nicht alles so romantisch lief. „Fest steht, dass wir hier nach wie vor eine gut funktionierende Dorfgemeinschaft mit hoher Lebensqualität haben.“
Die bestehenden Defizite ließ er allerdings nicht unbeachtet. So sei die Internetverbindung unzureichend, das Galeriebauwerk im Zuge der Bahnelektrifizierung eine Zumutung und mit Blick auf den „größten Wunsch von 1972, einer besseren Busanbindung, gibt es noch immer viel Luft nach oben.“ Dennoch habe dieser eingeschlagene Weg Sengwarden und Wilhelmshaven insgesamt für eine gute Zukunft gestärkt.
Kräfte bündeln
Noch vor der Zusammenlegung gehörte Sengwarden zum Landkreis Friesland. Landrat Sven Ambrosy – „als Verlassener oder Ex“, wie er scherzhaft angab – erklärte in seinem Grußwort, dass sich die Friesen damals verpokert hätten und mit dem Verlust des Dorfes alles andere als glücklich waren. Inzwischen sei aber eines viel wichtiger – die Kräfte zu bündeln: „Wir alle haben die gleichen Probleme und begrenztes Personal. Die Gemeinschaft ist gefragt. Das zeigt sich auch am LNG-Terminal, das ein Gemeinschaftswerk ist und wo wir zusammen einen großen Beitrag für die Energiewende leisten.“
Friesland auf hohem Ross
Einer, der damals als Zeitzeuge dabei war, ist Heinz Ross. „Die Leute in Friesland waren auf einem hohen Ross, glaubten nicht, dass die Sengwardener etwas anstoßen. Doch hier musste etwas passieren, drohten wir doch unsere beste landwirtschaftliche Fläche zu verlieren.“ Allerdings habe auch der Landkreis, insbesondere Hooksiel profitiert. „Wir haben an den Sielort unseren Hafen und auch Wald abgetreten“ – auch um eine strickte Trennung zur geplanten Industrie zu haben.
Mit Lotte Heidenreich (19) aus Sengwarden und Nik Gimmel (20) aus Fedderwarden sprach am Abend auch die Zukunft der beiden Dörfer. Wenngleich es die von OB Feist angesprochenen Defizite gebe, würden sich beide sehr wohl fühlen. „Wir haben hier alles, was wir brauchen, vom Friseur bis zum Dorfladen. Gerade als Kind gibt es nichts schöneres, als auf dem Land groß zu werden“, fasste Heidenreich zusammen.
Glückwünsche und Musik
Josef Schrammel, Bürgermeister der Marktgemeinde Bromberg, war ebenfalls vor Ort, um seine Glückwünsche sowie ein Geschenk in Form eines Glaspokals mit den Wappen Brombergs, Sengwardens und Wilhelmshavens zu überreichen.
Für Musik sorgten ein Doppel-Quartett des St. Georgs-Chors unter Leitung von Axel Scholz sowie Marlene Paetz mit ihrer Tochter Maria-Theresia. Nach dem offiziellen Part klang der Festakt in geselliger Runde bei einem Buffet und vielen Gesprächen aus.
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