Olaf Lies hält Tötung einzelner Wölfe für nötig
Artikel vom 18.05.2022

Die Umweltminister von Bund und Ländern hatten heute in Wilhelmshaven einiges zu besprechen. Das emotionale Thema Wolf sorgte für Diskussionen und Proteste.
Er ist am Donnerstagvormittag sehr gefragt: Gegen 9.30 Uhr, bevor die Umweltministerkonferenz beginnt und er seine Amtskolleginnen und -kollegen trifft, kommen rund 60 Landwirte vor das Tagungshotel in Wilhelmshaven. Sie fordern ein aktives Wolfsmanagement, ein Bekenntnis zur Weidewirtschaft und eine „Bestandsregulierung“ – also auch die Tötung von Wölfen, und übergeben Lies ein Positionspapier. Lies unterhält sich mit ihnen, es sind freundliche Gespräche bei sonnigem Wetter und guter Stimmung. Der SPD-Politiker spricht sich ebenfalls für die Tötung einzelner Wölfe aus, wenn der Herdenschutz nicht anders umsetzbar sei.
Landwirte forderten unter anderem schnelle und unbürokratische Genehmigungen für den Abschuss. Lies sieht die Tötung einzelner Wölfe jedoch als letztes Mittel in besonders von Wolfsrissen betroffenen Gebieten. Vor der Tagung mit seinen Amtskollegen von Bund und Ländern am Donnerstag in Wilhelmshaven betonte er, dass gerade an der Küste die Weidetierhaltung mit Schafen große Bedeutung habe, etwa für die Deichsicherheit. Herdenschutz sei nötig, müsse aber auch umsetzbar sein.
Angesichts der wachsenden Zahl von Wölfen in Deutschland hatten Weidetierhalter vor der Umweltministerkonferenz die Politik aufgerufen, die Bestände der Tiere zu regulieren. Es brauche ein „echtes Wolfsmanagement“, und „wolfsfreie Regionen“ dürften kein Tabu in der Debatte sein, sagte der Vizepräsident des Niedersächsischen Landvolks, Jörn Ehlers, bei einer Kundgebung von rund 60 Weidetierhaltern vor dem Tagungshotel der Konferenz. Die aktuelle Situation mit nahezu täglichen Wolfsrissen in Niedersachsen bereite Haltern schlaflose Nächte. „Da brauchen wir Antworten, und die brauchen wir nicht übermorgen, die brauchen wir morgen“, sagte Ehlers. Er übergab für das Aktionsbündnis Aktives Wolfsmanagement ein Forderungspapier an Lies.
Im Anschluss, gegen 10.30 Uhr, geht es weiter: Auf einer Wiese vor dem Tagungshotel haben Umweltschützer ein Klimacamp aufgeschlagen. Sie kritisieren unter anderem das schnelle Genehmigungsverfahren des neuen LNG-Terminals in Wilhelmshaven. Susanne Gerstner von der Geschäftsführung des BUND Niedersachsen plädiert für einen dezentraleren Weg bei der Energiewende beispielsweise indem Photovoltaik-Anlagen auf jedes Dach gebaut werden. Gerade kleine Maßnahmen würden sehr viel bringen. Jonas Evers von Fridays for Future wünscht sich mehr Teilhabe an der Politik. Minister Lies wird im Camp freundlich empfangen, spricht mit den Aktivisten. Seine Amtskollegin Katrin Eder (Grüne) aus Rheinland-Pfalz ist in der Zwischenzeit eingetroffen. Sie kommt dazu, sucht ebenfalls das Gespräch und betont im Hinblick auf die Umweltminister und Aktivisten: „Wir sind Verbündete.“
Niedersachsen ist in diesem Jahr Gastgeber der Konferenz, die am Donnerstag begann und an diesem Freitag endet. Lies berichtet im Vorfeld der Konferenz von einer Besonderheit unter den Umweltministern: „In der Regel gibt es immer Mehrheitsentscheidungen, doch unter den Umweltministern gilt das Einstimmigkeitsprinzip.“ Dies sei anstrengend und mühselig, beinhalte aber die Chance, dass die Beschlüsse nicht nur Akzeptanz finden, sondern auch umsetzbar sind.
Lies betont zudem, welche Punkte ihm besonders wichtig sind: „Wir dürfen bei Windkraft keine festen Abstandsregelungen haben. Die Abstände ergeben sich aus dem Baurecht und dem Emissionsschutz.“ Mit Emissionen sind in dem Fall Lärmemissionen der Windräder gemeint. Gleichzeitig dürfe der Erhalt der Artenvielfalt nicht außer Acht gelassen werden. Dafür müsse in Deutschland rund eine Milliarde Euro mehr in den Artenschutz und den Erhalt von Lebensräumen investiert werden. „Aber ohne Klimaschutz gibt es auch keinen Artenschutz.“
Auch der Schutz der Moore sowie ein Wassermanagement sind ihm wichtig. Er sagte jedoch auch deutlich, was nicht infrage kommt: „Wir werden kein Fracking in Niedersachsen betreiben und es gibt auch kein Weiter bei der Kernenergie.“
Es ist nach gut zwei Jahren die erste Ministerkonferenz, die wieder in Präsenz stattfindet. Lies begrüßte in Wilhelmshaven am Donnerstagmittag seine 15 Amtskolleginnen und -kollegen sowie Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne). Der Ort am Wattenmeer – Niedersächsischer Nationalpark und Unesco-Weltnaturerbe – sei bewusst gewählt worden, betonte der Minister. An zwei Tagen wird über mehr als 20 verschiedene Themenkomplexe gesprochen. Ein Schwerpunkt wird der Ausbau der erneuerbaren Energien sein, speziell der Windkraft. Bestehende Abstandsregelungen für Windräder müssten fallen, sagte Lies. Zudem brauche es eine höhere Akzeptanz für den Ausbau der Windenergie, etwa durch die Beteiligung von Anwohnerinnen und Anwohnern an Bürgerwindparks.
Auch in Niedersachsen werde der Ausbau von Windkraftanlagen mit Beschwerden zum Natur- und Artenschutz noch oft verzögert oder verhindert. Dabei seien die Verfahren oft auch nur ein Mittel zum Zweck.
Wichtig ist Lies auch der Ausbau von Photovoltaik. Er will erreichen, dass die Menschen auch von dem Ausbau profitieren, sich beispielsweise über Bürgerenergiegenossenschaften beteiligen können. „Ziel ist, dass 2040 jedes Dach in Niedersachsen mit Photovoltaik ausgestattet ist“, sagte er.
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