Wilhelmshavenerin kehrt nach sieben Monaten auf Schulschiff zurück
Artikel vom 31.05.2023

Nanna Brüggemann war Teil der High Seas High School und ist sieben Monate auf einem Schulschiff um die Welt gesegelt. Bild: Max
Sieben Monate ist Nanna Brüggemann aus Wilhelmshaven auf einem Segelschulschiff um die Welt gefahren. Jetzt ist sie zurück und hat einiges zu berichten.
Es war das wohl größte Abenteuer ihres Lebens: 12 000 Seemeilen, sieben Monate auf See und eine Atlantiküberquerung mit 20 Tagen ohne Landgang. Was Nanna Brüggemann die letzten Monate erlebt hat, lässt einen staunend zurück. Die 17-Jährige war Teil der High Seas High School, einem segelnden Klassenzimmer – seit drei Wochen ist sie nun wieder in Wilhelmshaven.
Meeresrauschen fehlt zum Einschlafen
Ein 1,40 Meter großes Bett und Schulunterricht, bei dem sie nicht kurzfristig die Segel hissen muss. Bis die 17-Jährige die vergangenen sieben Monate verarbeitet hat, wird es wohl noch eine Weile dauern. So richtig wieder angekommen im Alltag, sei sie noch nicht. „Die erste Nacht im eigenen Bett war sehr merkwürdig. Ich hatte so viel Platz für mich und konnte kaum einschlafen. Ich habe mir dann Meeresgeräusche auf dem Handy angehört“, sagt sie und lacht. Schließlich hat sie sieben Monate auf einem Feldbett geschlafen, mit Seegang und 43 anderen Schüler und Schülerinnen an Bord. Schon nach kurzer Zeit konnte die 17-Jährige mit ihren Mitschülern das Schiff steuern, selbständig navigieren und das Wetter lesen.
Seekrankheit und Kulturschock auf Helgoland
Von Bremerhaven aus ging es über die Kanaren und den Atlantik nach Martinique, von dort aus nach Panama und dann nach Costa Rica. Hier hatten die Schüler einen dreiwöchigen Landaufenthalt in Gastfamilien. „Meine Gasteltern konnten nur Spanisch sprechen, was dazu geführt hat, dass ich meine Sprachkenntnisse deutlich verbessern konnte.“ Anfänglich sei es nicht leicht gewesen. „Mit Händen und Füßen klappte letztendlich alles.“
Nach dem Aufenthalt segelte das schwimmende Klassenzimmer weiter nach Kuba und das unter schwierigen Umständen. „Es war stürmisch und ich ständig seekrank. Eigentlich hing ich nur über einem Eimer.“ Weil Seekrankheit auch zu depressiven Verstimmung führen kann, durften die Schüler nicht alleine sein. „Der Impuls über die Reling zu springen, kann bei Seekrankheit vorkommen, deswegen wurden wir nicht aus den Augen gelassen.“
Von Kuba ging es weiter zu den Bermudainseln und dann auf die Azoren. „Wir sind wirklich immer überall herzlich in Empfang genommen worden.“ In Horta, der Hauptstadt der größten Insel der Azoren, hat sich die High Seas High School, wie alle Segler, mit einem Kunstwerk auf den Betonmauern verewigt. „Das Bild haben wir uns alle auf einen Pullover drucken lassen.“
Der Kulturschock hätte nicht größer sein können, als das Segelschiff zum Abschluss auf Helgoland festmachte. „Die Insel war im Vergleich zum Programm davor nicht mehr wirklich spannend und auch die Leute waren weitaus weniger freundlich, als wir es gewohnt waren.“ In Bremerhaven konnten die Eltern ihre Kinder nach sieben Monaten am 3. Mai wieder in Empfang nehmen. Doch bevor es so weit war, hatten Schüler, Lehrer und die Crew noch einen allerletzten Moment zusammen. „Das war sehr bewegend. Man hat sieben Monate zusammen verbracht und Lehrer sind zu Ersatzmama und Ersatzpapa geworden.“
Zurückfinden in einen normalen Alltag
Für Nanna Brüggemann beginnt jetzt wieder der Alltag in ihrer alten Schulklasse am Neuen Gymnasium. Blickt sie auf die vergangenen Monate zurück, habe sie vor allem eins gelernt: „Tolerant zu sein und Grenzen anderer zu akzeptieren.“ Auf einem Boot mit fast sechzig Leuten müsse man es annehmen, wenn jeder mal einen Moment für sich bräuchte. „Oder einfach auch eine Umarmung. Jeder ist anders und jeder verhält sich in Situationen anders.“ Aber auch an vermeintliche Luxusgegenstände müsse sich die 17-Jährige wieder gewöhnen. „Ich habe jetzt einen vollen Kleiderschrank, kann ein Glätteisen benutzen und schlafe nicht mehr in einem Feldbett.“ Der Verzicht auf das eigene Smartphone, das vor Beginn der Reise abgegeben werden musste und nur selten benutzt werden durfte, sei ihr dagegen überhaupt nicht schwergefallen. Doch auch wenn Nanna Brüggemann an sich selbst noch nicht so viele Veränderungen feststellen konnte, haben ihre Eltern eine Tochter zurück, die „deutlich souveräner durchs Leben geht“.
Information
Die High Sea High School ist ein segelndes Klassenzimmer. Jedes Jahr im Herbst starten bis zu 44 Schüler und Schülerinnen der 10. und 11. Klasse die Reise.
Sieben Monate sind sie unterwegs. An Bord wird nach dem Lehrplan des 11. Jahrgangs des Landes Niedersachsen unterrichtet. Doch die Schüler lernen auch das Segeln und übernehmen nach wenigen Wochen das Schiff und dann rund um die Uhr. Bei einem längeren Landaufenthalt in Costa Rica leben die Schüler in Gastfamilien und lernen Spanisch.
Bewerben können sich Schüler, die in die 10. oder 11. Klasse kommen. Benötigt wird neben dem Lebenslauf, ein Motivationsschreiben und eine Empfehlung der Schule. Gute Noten spielen eine Rolle, noch wichtiger ist das Sozialverhalten.
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