Artikel vom 17.04.2024
Mit einer Novellierung des Tierschutzgesetzes sollen die Kriterien für die Hundezucht verschärft werden. Hundezüchter befürchten durch den Qualzuchtparagrafen ein Verbot beliebter Hunderassen.
Im Nordwesten - Kurze Beine, langer Rücken: Hunde wie der Dackel könnten bald der Vergangenheit angehören, befürchten einige Hundezüchter. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft unter Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) arbeitet an der Neufassung des Tierschutzgesetzes und legte Anfang Februar einen ersten Entwurf vor. Leider sorgt der nicht bei allen Tierfreunden und Tierfreundinnen für Begeisterung: Der Verband für das Deutsche Hundewesen (VDH) befürchtet, die Gesetzesänderung könne ein Zuchtverbot für beliebte Hunderassen bedeuten.
Was ändert sich?
Die Kritik des Verbands gilt speziell dem Paragrafen 11b. Der sogenannte Qualzuchtparagraf verbietet Qualzucht – also die Praxis, bei der Tiere gezielt so gezüchtet werden, dass sie bestimmte Merkmale aufweisen, die für sie gesundheitsschädlich oder leidvoll sind. Dazu zählen zum Beispiel Bulldoggen mit besonders flachen Nasen, die Atemprobleme entwickeln, und Deutsche Schäferhunde mit stark abschüssigen Rücken und daraus resultierender Hüftgelenksdysplasie.
Solche Zucht- und Rassestandards haben sich im Laufe der Jahre immer mehr in Richtung Extremformen entwickelt, sagt Dieter Ruhnke, Vorsitzender des Landestierschutzverbands Niedersachsen: „Und die Leidtragenden sind ausnahmslos die Tiere.“
Im neuen Tierschutzgesetz sollen diese sogenannten Qualzuchten genauer definiert werden, erklärt das Niedersächsische Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz. Dafür beinhalte der Gesetzesentwurf „eine nicht abschließende Liste mit möglichen Symptomen der Qualzucht“. Dieser Merkmalskatalog ist es, der laut dem VDH das Ende der Zucht bestimmter Hunderassen bedeuten könnte.
Zuchtverbot befürchtet
In einer Stellungnahme erklärt der Verband, die aufgeführten Merkmale wie „Anomalien des Skelettsystems“ seien „nicht ausreichend konkretisiert“ und könnten deshalb unterschiedlich interpretiert werden. So könnte Hunderassen mit kurzen Beinlängen wie Dackel oder Jack Russell Terrier aufgrund ihrer Anatomie ein Zuchtverbot auferlegt werden. Der VDH fordert eine Konkretisierung der aufgeführten Merkmale und sammelt dafür sogar mit einer Online-Petition Unterschriften.
Das Niedersächsische Landwirtschaftsministerium erklärt aber, dass es kein pauschales Verbot von Rassen geben soll: „Es geht nicht um Hunde, die einfach nur kürzere Beine als der Wolf haben, sondern um solche Tiere, die aufgrund der erblich bedingten Skelettveränderungen und der damit veränderten Biomechanik schmerzhafte Fehl- bzw. Überbelastung von Gelenken und Wirbelsäule aufweisen.“
Das sagt der Tierschutz
Auch der Deutsche Tierschutzbund hält gegen die Aussagen des VDH. Mit der Kampagne des Verbands gegen die Novellierung des Tierschutzgesetzes werden „mit unlauteren Mitteln Ängste geschürt“, sagt Dieter Ruhnke, Vorsitzender des Landestierschutzverbands Niedersachsen. Der Verband wolle an Qualzuchten festhalten, da ihm durch ein Verbot „massive finanzielle Einbußen“ drohen. Der Tierschützer kritisiert zudem, dass die Zuchtverbände „ihrer Verantwortung für die Zucht gesunder Tiere nicht nachgekommen“ und sich „nicht an der Aufklärung von Tierhaltern bezüglich des Erwerbs von Tieren ohne Qualzuchtmerkmale“ beteiligen.
Wann über den Gesetzesentwurf entschieden wird, ist noch nicht klar. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft werte derzeit die im Rahmen der Beteiligung der Verbände und Länder eingegangenen Stellungnahmen aus, heißt es.
Was ist Qualzucht?
Der Begriff Qualzucht ist unter Fachleuten umstritten. So findet die Bremer Tierärztin Dr. K. Alexandra Dörnath den Ausdruck „unsachlich“ und bevorzugt es, von einem „Paragraf-11b-Tier“ zu sprechen.
Darunter versteht man die gezielte Zucht von Tieren mit extremen Merkmalen, die für das Tier Leid verursachen und zu gesundheitlichen Problemen führen können.
Beispiele sind Hunde mit besonders flachen Nasen wie Möpse oder Französische Bulldoggen, die unter Atemproblemen leiden, oder auch Katzen mit sehr kurzen Beinen – sogenannte Munchkin-Katzen – die häufig Probleme mit der Wirbelsäule entwickeln.
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