Artikel vom 15.02.2024
Selten werden die Fälle bekannt, doch es gibt sie. Erst kürzlich verging sich ein Mann im Nordwesten an einem Pferd und musste sich vor Gericht verantworten. Was Experten zum Thema Zoophilie sagen und welche Strafen gelten.
Im Nordwesten - Zoophilie ist in der Gesellschaft ein Tabuthema. Meist kommt sie erst dann an die Öffentlichkeit, wenn sich Gerichte damit befassen. Bei den meisten Menschen ruft das Thema Zoophilie entsetzte Reaktionen hervor. Doch es gibt sie: Menschen, die Tiere als Sexualpartner bevorzugen. Das zeigt ein Beispiel aus Oldenburg.
Im August 2021 tauschte sich ein 35-jähriger Mann in einem Forum mit Gleichgesinnten über seine Sex-Vorlieben mit Tieren aus. Er verabredete sich dort mit einem weiteren Mann zu einem Treffen in Oldenburg. Dort kam es auf einer abgelegenen Koppel zu sexuellen Handlungen mit einem Pferd.
Die Täter wurden erwischt und ein Schöffengericht klagte im vergangenen Jahr den 35-jährigen Mann wegen eines Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz durch sexuelle Handlungen an. Wie viele Fälle dieser Art es in der Region oder gar bundesweit gibt, ist nicht bekannt. Denn viele dieser Vergehen werden schlicht nie bekannt.
Sexualpräferenz Zoophilie
Zoophilie wird von der Weltgesundheitsorganisation als gestörte Sexualpräferenz eingestuft. „Dabei handelt es sich um ein von der Norm abweichendes Sexualverhalten. Oft wird auch Sodomie als Synonym verwendet. Sexuelle Erregung oder Befriedigung entstehen bei zoophilen Personen vorwiegend oder ausschließlich durch Handlungen an Tieren. Es gibt verschiedene Ausprägungen der Zoophilie“, erklärt Professor Dr. Dietmar Heubrock, Rechtspsychologe der Universität Bremen. „Oftmals kommt es auch zu Geschlechtsverkehr.“
Ordnungswidrigkeit
Elf Jahre ist es inzwischen her, dass der Bundestag das Tierschutzgesetz verschärft hat. Nach aktuell geltendem deutschen Tierschutzrecht darf ein Tier nicht für eigene sexuelle Handlungen genutzt oder für sexuelle Handlungen Dritter zur Verfügung gestellt werden. Ein solcher Übergriff gilt dann zunächst als Ordnungswidrigkeit und wird mit einem Bußgeld in Höhe von 25.000 Euro geahndet. Wenn dem Tier nachweislich erhebliche oder länger andauernde Schmerzen zugefügt worden sind, kommt es zu einem Prozess. „Aber keine Person, die dem eigenen Tier mit Absicht Schmerzen zufügt, geht zu einem Tierarzt“, sagt der Bremer Rechtspsychologe Professor Dr. Dietmar Heubrock. „Tiere leiden also im Verborgenen.“
Der 35-jährige Mann wurde vor Gericht freigesprochen. Das Gericht sah das Tatbestandsmerkmal erheblicher oder länger andauernder Schmerzen oder Leiden des Tieres nicht mit der für eine Verurteilung erforderlichen Sicherheit als nachgewiesen an. Der Mann selbst gab an, eine „schwere Sexualstörung“ zu haben und sich therapieren lassen zu wollen.
Straftat
Mit Blick auf die Rechtslage gibt es derzeit Unterschiede: So wird das Verbreiten tierpornografischer Medien mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder einer Geldstrafe schärfer geahndet. Juristen sehen in der Strafbarkeit von Zoophilie einen gewissen Wertungswiderspruch. Aus Sicht des Deutschen Tierschutzbundes liegt das an der Verortung im Gesetz und im Umgang mit strafrechtlich relevanter Materie: Das Verbreiten tierpornografischer Medien sei nämlich im Strafgesetzbuch (StGB) im Sexualstrafrecht verortet und wird strenger bestraft als der Akt an sich. Die Handlung am Tier wird lediglich als Ordnungswidrigkeit eingestuft. Timo Scharmann, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht, sagt dazu: Das Tierschutzrecht stehe offensichtlich deutlich zurück.Der Bundesverband Menschen für Tierrechte fordert deshalb eine Erhöhung der Strafbarkeit: „Schluss mit der Straflosigkeit bei Tierquälerei.“ Der Bundesverband hat dazu am 12. Dezember eine Petition mit Unterschriften an Landwirtschaftsminister Cem Özdemir und Justizminister Marco Buschmann übergeben. Der Verband fordert, genau diese Schwachstelle im Vollzugs- und Rechtssystem zu schließen, „damit Tierquälerei endlich effektiv verfolgt und hart bestraft wird.“
Lobbyismus unter Zoophilen
Menschen mit dieser Neigung fühlen sich von der aktuellen Gesetzeslage nicht angesprochen. Sie halten einen sexuellen Akt mit einem Tier für nicht artwidrig, wie einige in Foren und gegenüber unserer Redaktion sagten. Diesem Argument widerspricht der Bremer Rechtspsychologe. Sexueller Verkehr mit Tieren beinhaltet immer von Menschen ausgeübte Gewalt, sagt Professor Dr. Dietmar Heubrock. „Mit Beginn der Konditionierung eines Tieres gegen das arteigene Verhalten beginnt bereits die Gewalt gegenüber dem Tier.“
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