Artikel vom 18.09.2023

Sebastian Wolf hat die Bauernstube in Nordenham übernommen. In der Kneipe hat Jasmina Kintrup das Kommando. | Bild: Jens Milde
In dieser Kneipe hat schon Stadtgründer Wilhelm Müller Bier getrunken: Nordenhams älteste Kneipe bleibt erhalten – und demnächst zieht auch noch ein Tattoo-Studio ein.
Atens - Die Bauernstube am Atenser Kreisel hätte wahrscheinlich viel zu erzählen, wenn sie erzählen könnte. Die Kneipe ist die älteste in Nordenham. 1868 wurde sie eröffnet – damals unter dem Namen Bierhalle. Hier traf sich die Lokalprominenz. Stadtgründer Wilhelm Müller ist hier eingekehrt. Es gibt ein Schwarz-Weiß-Foto, das den Kaufmann am Stammtisch sitzend zeigt – gemeinsam mit anderen einflussreichen Leuten. Das Foto, das in den 1890er-Jahren entstanden ist und den Titel „Bärtige Männer mit Bierkrügen“ tragen könnte, hängt noch immer in der Bauernstube. „Natürlich“, sagt Sebastian Wolf. Der 43-Jährige hat die Bauernstube gekauft. Auch für ihn ist das Bild ein Requisit, das unbedingt zur Kneipe gehört. Jetzt hängt es an einer frisch gestrichenen grünen Wand.
Neuer Besitzer
Sebastian Wolf war auf der Suche nach einem neuen Standort für sein Tattoo-Studio, das sich nur einen Steinwurf entfernt an der Atenser Allee befindet. Der Tätowierer, der mit seiner Frau und seinem Sohn auf einem Bauernhof in Butjadingen lebt, will sich die Mietkosten sparen. „Außerdem habe ich natürlich meine Altersvorsorge im Blick.“ Dass die Bauernstube zum Verkauf stand, hängt mit einem Trauerfall zusammen.
„Ich dachte zuerst, ich schmeiß hier alles raus und ziehe mit meinem Tattoo-Studio ein“, erzählt Sebastian Wolf. Da wusste er noch nicht, was die Bauernstube für eine Geschichte hat. Und er wusste auch nicht, wie vielen Menschen das Herz bluten würde, wenn in Nordenham eine weitere Kneipe über den Jordan geht. Sebastian Wolf hat das Lokal mit Töpfen und Pfannen übernommen – und mit 80 Kilo Pommes Frites, die noch in der Tiefkühltruhe lagerten. Also schmiss er eine „Pommes-Party“. Immer wieder wurde er dabei angesprochen, die Kneipe weiterzuführen – und ließ sich überzeugen.
Tattoos und Piercings
An seinem Plan, mit dem Tattoo-Studio umzuziehen, ändert das aber nichts. Das soll in den nächsten Tagen passieren. Und so wird in einem Teil der Bauernstube künftig tätowiert und gepierct, der andere Teil bleibt Kneipe. Hier hat Jasmina Kintrup das Kommando übernommen.
Viel verändern will Sebastian Wolf nicht. Fest steht, dass der Küchenbereich dem Tattoo-Studio weichen wird. Warme Küche wird es künftig nicht mehr geben. Einen der beiden Gasträume hat der neue Besitzer zum Raucherraum erklärt. „Ich weiß, dass das nicht jedem schmeckt“, sagt er. „Aber allen kann ich es leider nicht recht machen.“ In der Bauernstube treffen sich viele Gruppen und Vereine seit langer Zeit, manche seit Jahrzehnten. Sebastian Wolf hofft, dass die meisten von ihnen bleiben.
Darts und Live-Musik
Der 43-Jährige möchte, dass die Bauernstube ein Haus für Jung und Alt ist. Im Raucherraum hat er inzwischen zwei Dart-Automaten aufgestellt. Außerdem will er hier gelegentlich Konzerte veranstalten. Die Bauernstube verfügt über drei Gästezimmer, die weiter vermietet werden sollen.
„In erster Linie bleibe ich aber Tätowierer“, sagt Sebastian Wolf. Er macht kein Geheimnis daraus, dass er von Gastronomie nicht viel versteht. „Wir sind dankbar für jede Anregung“, fügt er hinzu. Das große Geld wolle er mit der Kneipe nicht verdienen. „Wenn ich hier plus-minus-null rauskomme, ist das völlig okay.“
Die Kneipe ist mittwochs bis sonnabends ab 19 Uhr und sonntags ab 10 Uhr geöffnet.