Angela Paradies (von links) hat den Verein Lichtblick gegründet. Er hilft Kindern, deren Eltern an Krebs erkrankt sind. Robin, Janine und Henri Dittrich wissen, wie wertvoll diese Unterstützung ist. Bild: Anja Biewald
Robin hatte von „Krebs“ schon mal gehört, dachte aber, dass die Ärzte es so machen, dass Papa lebt. Henri hat es sich nicht erlaubt, ein fröhliches Kind zu sein. Beim Oldenburger Verein Lichtblick fanden sie Hilfe.
Oldenburg - „Ich konnte es mir nicht vorstellen, wie es ohne Papa ist“, sagt Henri, er ist zehn Jahre alt. Am 12. Dezember 2022 ist das für ihn Unvorstellbare Wirklichkeit geworden, sein Papa ist an einer schweren Krebserkrankung gestorben. Sein großer Bruder Robin hatte „vom Wort Krebs schon mal etwas gehört“, als die Diagnose über die Familie hereinbrach. Der heute 14-Jährige dachte: „Die Ärzte können Papa so machen, dass er weiterlebt.“ Was in Kindern geschieht, wenn ein Elternteil schwer erkrankt und womöglich stirbt, ist kaum vorstellbar. Auch nicht, was es mit Eltern macht, wenn sie in ihrem Grundbedürfnis, ihre Kinder zu beschützen, zum Versagen gezwungen sind.
Kampf um Zeit
Mit der Diagnose zerbricht die heile Welt. Bei Familie Dittrich kam im Januar 2019 der Krebs. „Er hatte gestreut. Wir wussten von Anfang an, dass wir nur noch um Zeit kämpfen“, erzählt Janine Dittrich. Mit den Jungs wollte das Paar offen sein: „Wir haben ihnen erzählt, dass Papa schwer krank ist.“ Therapien, Krankenhausaufenthalte und Arbeitszeiten wechselten sich ab. „Man kreist um sich selbst. Manchmal fühlte es sich sogar fast normal an“, erinnert sich die Hundsmühlerin.
Kinder leiden mit
Dann kam der Zeitpunkt, an dem ihr Mann stark abbaute, er habe sich auf die Palliativstation einweisen lassen, so Janine Dittrich: „Es war klar: Die Zeit läuft ab. Da brach alles aus unseren Kindern heraus. Die Angst, dass Papa stirbt. Und Henri, der sagte: ,Warum passiert das nur uns?’“ Es war der Moment, als der Mutter wieder einfiel, wie man ihr im Oldenburger Klinikum die Visitenkarte von einem Verein gegeben hatte, der sich um die Bedürfnisse von Kindern mit krebskranken Eltern kümmert. So lernte Janine Dittrich Angela Paradies kennen.
Die Psychologin, Psychoonkologin und Traumatherapeutin hat den Verein „Lichtblick“ in Oldenburg 2015 gegründet. 20 Jahre lang hat sie selbst in der Onkologie im Klinikum gearbeitet und gesehen, wie sehr Kinder von der Krebserkrankung eines Elternteils betroffen sind. Da ist die lange Zeit der Therapie, die mit all ihren Begleiterscheinungen nicht nur beim Patienten, sondern auch bei den Kindern tiefe Spuren hinterlässt. Und schlimmstenfalls ist alles vergebens und das Kind wird mit dem Tod konfrontiert.
Ein tobendes Kind
Für Henri war es belastend, wenn sein Papa im Krankenhaus war. Mama Janine erzählt: „Wir haben abends Facetime gemacht, aber Henri konnte das nicht gut aushalten, Papa so zu sehen. Und Henri konnte es sich selten erlauben, fröhlich zu sein.“ Bei diesen Worten seiner Mama weint Henri, er flüchtet sich in ihre Arme und erinnert sich daran, dass es sich für ihn nicht in Ordnung anfühlte, Spaß zu haben, während Papa krank war.
Bei Lichtblick hat er gelernt, dass es in Ordnung ist. Henri und Robin haben dort viele Angeboten mitgenommen: Gespräche, Ausflüge, Kreatives, Backen und der Kontakt zu Kindern, die Gleiches durchmachen. Für Janine Dittrich war es eine Erlösung, als sie Henri toben sah. „Bei uns kann man wild, aber auch ganz still sein“, sagt Angela Paradies. Alles ist möglich: „Alles, was das Kind braucht.“ „Wir wurden von diesem Verein getragen“, beschreibt Janine Dittrich, auch als „vor einem Jahr der Anfang vom Ende da war, mein Mann im Hospiz war. Auch da war Angela da: Was brauchen die Kinder jetzt?“
Die Hundsmühlerin wünscht sich, sie hätte die Unterstützung früher in Anspruch genommen. Deshalb erzählt sie unserer Redaktion die Geschichte ihrer Familie, damit andere davon Gebrauch machen – und das möglichst frühzeitig in der Erkrankung. Auch nach dem Tod des Vaters ist der Verein Lichtblick für die Kinder da. „So lange sie uns brauchen und das wollen“, verspricht Angela Paradies: „Sie können immer wiederkommen, manche machen das auch noch Jahre nach dem Tod eines Elternteils.“ Bei Dittrichs nähert sich der erste Jahrestag. Seit dem 12. Dezember 2022 ist Janine Dittrich Witwe, wissen Robin und Henri, wie es ohne Papa ist: „Blöd.“ Aber es gibt Lichtblicke, nicht nur durch den Verein: In ihrem Sohn Robin sieht Janine Dittrich „die Attitüde meines Mannes. Ich höre ihn manchmal durch die Kinder“. Und für Henri und Robin ist der Friedwald in Hude, wo Papa ist, ein schöner Ort, an dem sie „nur Wind und Vögel hören“ und „immer Moos und Herzen finden“.
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